FOMO an der Börse: Verliere nie mehr aus Angst Geld

Der ganze Aktienmarkt hatte einen fetten Joint geraucht.

Es war 2018 und die Investoren stürzten sich auf Cannabis-Aktien wie auf Essenspakete zur Zeit der Luftbrücke.

Doch der Darling sollte noch kommen: Tilray.

Mit einem Einstiegspreis von 17 Dollar betrat sie die Börse – nur einige Wochen später stand sie bei 300.

Dann kam der tiefe Fall:

Bis zum Corona März fiel sie bis auf 2,43 Dollar.

Warum ist sie so hysterisch gestiegen? – Und dann so tief gefallen?

Die Anleger hatten FOMO – Fear Of Missing Out (Die Angst, etwas zu verpassen).

In diesem Artikel erfährst du, was FOMO ist, woher sie kommt und wie du nie wieder auf sie hereinfällst und Geld verlierst.

Fomo: Was ist ist, woher sie kommt und wie du ihr entkommst

Was bedeutet FOMO?

“Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.” – Blaise Pascal, Philosoph

Du kannst es nicht ertragen!

Dein Portfolio ist ein Schwarm U-Boote, die im Roten Meer schwimmen, während deine Freunde, Bekannten und Kollegen von ihren Aktien-Raketen schwärmen.

Jeden Tag ein paar Prozent Gewinn, so prallen sie.

Du schaust auf die Kurse und bist erschüttert: Die Aktien gehen ja wirklich nur nach oben!

Und sofort schleicht sich der Gedanke ein – sollte ich nicht einsteigen, meine Loser verkaufen und endlich auch Gewinne feiern?

Schließlich ist das ungerecht; ich analysiere, recherchiere und kenne meine Aktien genau; sie kaufen nur, was gerade angesagt ist und verdoppeln, verdreifachen oder vervierfachen so ihren Einsatz.

Du wirst unruhig, kannst nicht klar denken, noch wehrst du dich, aber dann gibst du nach:

„Scheiß drauf! Ich mache das jetzt!“.

Du kaufst, fühlst dich erleichtert und ein paar Tage geht es gut – du könntest Gewinne mitnehmen, aber du sagst dir: „Da geht noch was.“

Bis nichts mehr geht und der Kurs sich dreht wie im Looping einer Achterbahn; die Verluste sind schwer und innerlich sagst du dir: „Das mache ich nie wieder!“

Das ist FOMO: Du siehst steigende Kurse, kannst nicht stillsitzen und kaufst schließlich – meistens kurz bevor der Kurs einbricht wie Schlittschuhläufer auf zu dünnem Eis.

Im Grunde kannst du deinen Zustand in fünf Schritte unterteilen:

  1. Eine Aktie steigt, andere machen Gewinne.
  2. Du willst dabei sein.
  3. Eigentlich sträubst du dich noch, bis du dennoch einsteigst.
  4. Du machst vielleicht selbst Gewinne, aber willst noch mehr.
  5. Der Kurs stürzt unweigerlich wieder ab.

Jetzt weißt du, was FOMO ist; doch woher kommt dieser Drang?

Das erfährst du jetzt:

Warum sich FOMO in dein Leben schleicht

Wir denken in Gruppen

Eine Gruppe von 6 Personen steht im Sonnenuntergang
Quelle: Photo by Papaioannou Kostas on Unsplash

Zur Steinzeit gab es nicht Ich, Du, Er, Sie, Es – es gab nur das Wir der Gruppe.

Familie Feuerstein jagte, kochte, und lebte zusammen.

Als einsamer Wolf hingegen sanken deine Überlebens-Chancen gen null.

Diesen Trieb haben wir nicht abgestreift mit dem Lendenschurz der Jungsteinzeit; er ist heute wichtiger denn je: Parteien, Gewerkschaften, Facebook-Gruppen, sie alle geben uns das Gefühl, Teil von etwas zu sein.

Wir haben eine Gruppe, wir gehören dazu.

Diese Gruppe erleichtert uns das Denken: Richtig ist, was die Gruppe macht.

Denn wir sind nicht gern der einzige, der eine Meinung vertritt; das macht uns nervös, unruhig und unbehaglich wie der Nachhauseweg in einer dunklen Gasse.

Vielmehr zweifeln wir an uns, wenn wir eine andere Meinung haben – „habe vielleicht ich etwas übersehen? Wo liegt mein Fehler?“

Das zieht sich weiter an der Börse; kaufen alle eine Aktie, muss die Gruppe recht haben und ich Depp treffe eine falsche Entscheidung, wenn ich der Gruppe nicht folge.

An der Börse liegen jedoch die meisten meistens falsch.

Wir sind mit Informationen überfrachtet

Vor 500 Jahren hat es Wochen gedauert, bis eine Nachricht über den Atlantik nach Europa gekrochen ist.

Heute rauschen Aktienkurse in Echtzeit an dir vorbei.

Dazu kommt Social Media, prahlende Freunde, Fotos von reichen Posern, Lamborghinis… Mit ein paar Klicks sitzen deine Augen am Buffett aller glitzernden Dinge, die du nicht hast.

Du bist folglich mit Informationen überfrachten und diese Informationen laden ein zum Vergleich:

Was du nicht hast, macht dich neidisch: Du willst es auch haben, willst dabei sein – das ist doch alles eine ungerechte Sauerei.

Doch im Vergleicht zu anderen setzt du dich immer herab; und so kommt FOMO auf:

Denn jetzt hast du die Chance, auch dabei zu sein; diese eine Aktie ist es, also ergreifst du die Chance, wie ein Bergsteiger noch einmal nach dem Vorsprung greift, bevor er in die Tiefe stürzt.

Wärst du jedoch nicht mit Informationen überladen, könnte FOMO gar nicht aufkommen.

Wir folgen dem Herdentrieb

„Die fünf gefährlichsten Wörter im Business: Die anderen machen es auch.“ – Warren Buffett.

Gruppen schenken dir nicht nur das Gefühl dazuzugehören, sie nehmen dir auch die Schuld ab, schlechte Entscheidungen zu treffen.

„Wenn es alle tun, muss es stimmen – und wenn es nicht stimmt, ist es nicht meine Schuld.“

Du bezweifelst es?

Wie schnell fährst du auf der Straße? Wie vorgeschrieben oder wie schnell andere fahren?

Oder wohin schmeißt du die Popcorn-Packung im Kino? – Bringst du sie in den Müll oder lässt du sie auf dem Sitz; dort, wo sie alle liegenlassen?

FOMO nimmt uns die Entscheidung ab und fällt die Aktie wieder, schieben wir die Schuld auf die anderen – den Tipp, den Guru oder das Casino Börse.

Wir unterliegen dem Recency-Effekt (Rezenzeffekt)

Was ist der wichtigste Teil des Films?

Das Ende: 80 Minuten können Oscar-reif sein, versauen es die letzten 10, ist unsere Kritik gnadenlos.

Woher kommt das?

Vom Recency-Effekt: Was zeitlich näher liegt, bestimmt dein Denken und Handeln.

Im Sinne von: Der erste Eindruck zählt, aber nur der letzte Eindruck bleibt.

Nicht anders ist es mit Aktienkursen: Wir sehen nur die Kurve, die nach oben prescht wie eine Reiter-Staffel.

An ihr orientieren wir uns, sie bestimmt unsere Entscheidung.

Warum?

Wir spinnen die Geschichte weiter: Wenn der Kurs vor Kurzem gestiegen ist, wird er auch in Zukunft steigen.

Unser Gehirn sucht logische Muster, wo keine sind. Bis du schließlich kaufst.


Da hast du sie: Vier Gründe, warum FOMO dich lenkt wie ein Puppenspieler.

Aber wie durchtrennst du die Fäden, vermeidest Börsenfehler und triffst selbständige, richtige Entscheidungen?

Das erfährst du jetzt:

Wie du dich wie ein Navy SEAL gegen FOMO wehren kannst

1. Die nächste Aktie kommt bestimmt

Ein Mann sitzt am Strand
Quelle: Photo by Simon Migaj on Unsplash

„Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit.” – André Kostolany, Börsenlegende

Du genießt deinen Traumurlaub in der Karibik und schlürfst einen Piña Colada am Strand, während die Wellen sanft deine Füße massieren.

Heute gegen 15 Uhr soll eine Fähre zu einer anderen Insel auslaufen – du schaust auf die Uhr:

VERDAMMT! Nur noch 10 Minuten.

Du reißt dich los, packst deine Tasche und sprintest zum Steg; und was siehst du?

Wie die Fähre durch die Wellen gleitet – ohne dich.

Springst du jetzt etwa ins Wasser und kraulst ihr hinterher?

Nein: Du ärgerst dich kurz, gehst wieder an den Strand und bestellst dir einen zweiten Piña Colada.

Die nächste Fähre kommt bestimmt – genauso wie die nächste Aktie.

Kein Grund, ihr hinterherzurennen.

Am Aktienmarkt gibt es täglich hunderte Möglichkeiten – du verpasst also nichts, wenn dir eine Aktie entgeht.

Ja, die eine ist weg, aber die nächste wird genauso schön – sage dir das immer, wenn du Aktien hinterschwimmen willst.

2. Versuche es mit Mitfreude

„Mitfreude, nicht Mitleiden, macht den Freund.“ – Friedrich Nietzsche, Philosoph

Jetzt hast du die Fähre verpasst – ärgerlich!

Aber wirst du jetzt wie Rumpelstilzchen auf dem Steg hüpfen und die Passagiere verfluchen?

Eher nicht.

Warum solltest du also neidisch auf diejenigen sein, die die Aktienwelle nach oben reiten?

Versuche es lieber mit Mitfreude: Freue dich für die anderen.

Ist schwierig – weiß ich –, aber ungemein befreiend, wenn man es probiert.

Es reinigt dich von quälendem Mangeldenken und negativen Glaubenssätzen, dass nur die anderen etwas haben, du jedoch nicht.

Das Wichtigste ist aber:

Fühlst du Mitfreude, bist du nicht neidisch; und wer nicht neidisch ist, kann lernen – was haben die anderen in der Aktie gesehen, was ich nicht gesehen habe?

So machst du es beim nächsten Mal besser, außer es trifft der folgende Fall zu:

3. Zur Not eben Schadenfreude

„Tja, diese Trottel werden eine Menge Geld verlieren.“

Schaut man sich den Aktienkurs von Tilray 2018 an, kann dir kein anderer Gedanke kommen:

Chart der Aktie Tilray
Quelle: Seeking Alpha

Und das ist gut so: Viel am Aktienmarkt ist Hype und Spekulation – das hat weniger mit Investieren zu tun als „König der Löwen“ mit dem Leben in der Savanne.

Du kennst also das Ende; und willst du wirklich zu denjenigen gehören, die zu spät einsteigen, nicht loslassen können und dann am Ende ins tiefe Minus rutschen?

Ich glaube nicht.

Schaue dir deswegen vergangene FOMO-Fälle an und rüste dich emotional:

Fühle dich ruhig den anderen überlegen; besser etwas arrogant als ängstlich und etwas ärmer.

Denn ist es keine unterbewertete Aktie und hat sie fundamental kein Potenzial, kannst du dich ruhig zurücklehnen und dir sagen:

“Tja, wieder FOMO – diese Trottel werden eine Menge Geld verlieren.“

4. Belüge dich nicht!

Frau legt ihren Finger auf die Lippen, damit man sich bei FOMO nicht selbst belügt
Quelle: Photo by Kristina Flour on Unsplash

GIER!

Das ist der einzige Grund, warum du bei FOMO investierst.

Doch was sagen die meisten, sobald die Wette nicht aufgegangen ist?

„Das ist kein Problem! Ich bin Langzeit-Investor.“

Pinocchios Nase wäre jetzt bis zum Himmel gewachsen.

Belüge dich also nicht, und schreibe immer die Gründe auf, warum du in etwas investierst.

Zum einen denkst du noch einmal über deine Entscheidung nach, zum anderen bist du ehrlich zu dir.

Du sagst deutlich: Ich bin gierig, ich möchte schnelle Gewinne und deshalb kaufe ich diese Aktie.

Diese Wahrheit sollte einige abstoßen.

5. Habe eine Strategie als Rettungsring

Wer dem Value Investing huldigt, wird kaum auf die Idee kommen, Tilray bei 280 Dollar zu kaufen.

Seine Strategie, Philosophie und bisherigen Entscheidungen verbieten es ihm.

Wer hingegen Aktien kauft, wie er Eis an der Diele aussucht, den hält kaum etwas zurück.

Investiere also nach einer bestimmten Strategie – was könnte das sein?

Du hältst dich beispielsweise an bestimme Aktienkennzahlen, deren Wert die Aktie nicht überschreiten sollte.

Beispielsweise willst du kein KGV über 30, eine PEG-Ratio über 1 oder ein EV/Sales über 5.

Packe dir deinen persönlichen Zahlenkoffer, erst dann gehst du auf Reise in den Aktienmarkt.

6. Halte dir ein Spekulations-Depot

Ab und zu muss man auch einmal spekulieren – ich bin kein Engel, ich konnte bei Gamestop auch nicht widerstehen.

Aber dafür habe ich Geld, das ich nicht brauche: ein Spekulations-Depot.

Mit ihm will ich Spaß haben, Nervenkitzel, eine Geisterbahnfahrt vom heimischen Sofa aus; mit Rendite rechne ich gar nicht.

(Ganz ehrlich: Ich habe bei Spekulationssachen immer verdammtes Pech).

Dennoch hilft es: Ich verbrate nicht mein Investment-Geld und ärgere mich nicht.

(Lüge: ich ärgere mich schon ein bisschen…)

Ich ärgere mich nicht übermäßig, wenn ich das Geld verliere.

Also: Lege dir ein kleines FOMO-Depot an; mit dessen Geld kannst du auf jede Aktie springen, die nicht bei 3 auf dem Baum ist.

Falls du noch ein kostenloses Aktiendepot suchst: Hier findest du die besten Depots mit unschlagbaren Konditionen.

7. Führe ein Emotions-Tagebuch

Ein Stift und ein Kalender
Quelle: Photo by Diana Polekhina on Unsplash

Investment-Entscheidungen haben ein Kurzzeitgedächtnis wie ein Nacktmull.

Man ärgert sich zwei Wochen, anschließend trifft man wieder falsche Entscheidungen.

Doch es gibt eine Lösung: ein Emotions-Tagebuch.

Immer, wenn du investierst, schreibst du auf, was du dabei fühlst und was dich zu dieser Entscheidung geführt hat.

Beispiel:

Ich bin verdammt bullish auf Tilray, alle meine Quellen reden von Cannabis-Aktien und der Aktienkurs ist schon stark gestiegen – das will ich nicht verpassen.

Was dann?

Nach zwei Wochen – oder vor dem nächsten Investmentüberprüfst du deine Entscheidung:

Was habe ich gefühlt und was war das Ergebnis?

Habe ich eine gute Entscheidung getroffen, wenn ich das fühle und auf diese Menschen höre?

So lernst du mit der Zeit:

„Aha, ich fühle mich unruhig, nervös, hippelig; jetzt sollte ich nicht investieren. Denn dabei treffe ich nur schlechte Entscheidungen.“

Das musste ich selbst schmerzhaft feststellen.

8. Entschlacke dich von Social-Media und Aktienkursen

Kosmische Säfte, heilende Kräuter oder Blutegel-Therapien…

Im Internet gibt es tausend Möglichkeiten, deinen Körper zu entschlacken und wie eine Zitrone von Schadstoffen auszupressen.

Dein Geist braucht so etwas nicht – er braucht nur Ruhe, will er sich von leidiger FOMO befreien.

Kein Social Media, keine Aktienkurse, kein schelmischer Blick ins Depot.

Du machst gar nichts.

Du gehst deinem Leben nach und achtest nur auf deine Investments.

Denn wer sich nicht mit anderen vergleicht – und Social Media lädt dazu ein –, lebt tausendmal glücklicher und ruhiger.

Nicht umsonst ist Facebook auf Platz 3 der Apps, die dich am unglücklichsten machen.

Außerdem rauschen nicht ständig steigende Aktienkursen wie Sternschnuppen an dir vorbei und du wünschst dir nicht, auch dabei zu sein.

Was du allerdings brauchst, ist ein Netzwerk, dass dich bei guten Entscheidungen unterstützt und dich von schlechten abhält – so wie das Geldhelden Netzwerk.

Was machst du, wenn dich die FOMO packt? Schreibe es in die Kommentare 😊

Quelle Beitragsbild: Photo by Edward Cisneros on Unsplash


Junger Mann schaut in die Kamera, während er am Laptop sitzt

Über den Autor:

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin Prock. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

4 Gedanken zu „FOMO an der Börse: Verliere nie mehr aus Angst Geld“

  1. Sehr guter Artikel. Nicht dazugehören ( können ) ist m.M. nach hundert mal häufiger der Grund für irrationales Verhalten als die Gier, welche Tradern immer unterstellt wird. Das komische ist ja, dass man sich selbst nicht genug kennt um wirklich rational zu handeln. Aber zum Glück gibts die Mathematik, man muss ihr nur trauen…

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