Mache Verluste! – 5 Gründe, warum Du Verluste als Gewinn betrachten solltest

Ein kräftiger Schluck aus einem Mojito, so ist das Investoren-Leben. Wie der Rohrzucker versüßen uns Dividenden die Anlage, wie der Rum betüdeln uns die Kursgewinne – aber die Verluste: Sie verziehen unser Gesicht wie die saure Limette. Aber ohne Limette kein Cocktail; ohne Verluste kein erfolgreicher Investor. In diesem Beitrag nenne ich dir 5 Gründe, warum auch Verluste zum frischen Geschmackserlebnis dazugehören.

1. Verluste sind Lehrgeld

Verluste sind nicht Leergeld, sondern Lehrgeld – in ihnen verbirgt sich eine Lehre wie am Ende einer Fabel. Doch die Lehre finden wir nicht, indem wir wütend herumpoltern. Wir müssen unseren Verlust analysieren und auf Milz und Leber prüfen.

War die Kennzahl falsch? Habe ich einen schlechten Anlageberater vertraut? Oder habe ich das Risiko unterschätzt? Wir stochern in unserem Verlust, bis wir den Fehler finden – und dann lernen wir daraus! Umso mehr Verluste, desto besser: Wir sehen alles, was nicht schmeckt, nicht passt und eine schlechte Anlage ist.

So misten wir Investments aus, weil gerade am Anfang sind wir noch unerfahren. Deshalb treten wir ja in die Bärenfalle eines schlechten Investments. „So what?“ Wir schreien kurz auf vor Schmerz; aber dann ist es gut: Jetzt wissen wir, welchen Weg wir meiden müssen und wo das Glück liegt.

Vergiss deshalb niemals diesen zentralen Satz: Entweder Du gewinnst oder Du lernst – es ist immer eine Win-win-Situation. Aus dieser Perspektive betrachtet, sind Verluste wie Zahnpasta an der Türklinke – nur ein harmloser Spuk zu Halloween.

2. Verluste bestimmen deine Risikotoleranz

Viele stolzieren in die Börse mit hohem Kopf und geschwellter Brust – „100 % Aktienanteil, den vertrage ich schon!“. Doch dann purzeln die Kurse und der hohe Kopf stößt sich schmerzhaft an roten Zahlen. Auch diese Beule ist nützlich: Aus ihr lernen wir Demut und Bescheidenheit.

Jetzt erkennen wir uns selbst; wir wissen, wie viel Risiko wir vertragen. Schlagen wir uns das Depot nochmal voll mit zu vielen Aktien? Wahrscheinlich nicht: Wir kennen nun den Schmerz eines Verlustes und haben erkannt, dass er zwackt wie ein Hornissen-Stich.

Genau das führt uns zu Investments, vor denen ein „Ich“ steht. Ich investiere in Aktien, ich investiere in REIT’s, ich investiere in Agrikultur. Unsere Investments gewinnen an Persönlichkeit – nämlich an unserer eigenen. Diese Investitionen gehören zu uns, zu unserem Leben; sie sind keine fremde Masse mehr wie ein Future auf den Öl-Preis.

3. Verluste stärken deinen Charakter

Nach einem Verlust gibt es nur zwei Möglichkeiten: aufgeben oder weitermachen. Selbstverständlich kannst Du dich aus der Börse trollen, weinend zur Bank rennen und dir mit einem Bausparvertrag die Tränen trocknen. Aber das ist nicht empfehlenswert.

Besser ist es, den Verlust wegzustecken wie mentalen Muskelkater. Denn brechen wir den Verlust herunter, was ist er denn? Ein Versuch, der gescheitert ist. Du wirst staunen, gleich nenne ich dir noch andere Versuche.

Dein erster Schritt, das erste Mal „Mama“ aus dem vollen Baby-Mund oder die erste Fahrstunde. Und? Jetzt läufst Du tadellos, sprichst fließend und hältst dich selbst für Sebastian Vettel. Nichts anderes sind Verluste; sie sind die Wendeltreppe zum Erfolg – manchmal geht’s nach links, mal nach rechts, aber schließlich kommen wir oben an.

Gleichzeitig panzert ein Verlust deinen Charakter. Du bist gezwungen, kreativ zu sein, umzudenken und deine Komfort-Zone zu verlassen. Auf dem ausgetretenen Weg hat es ja nicht funktioniert. Also denkst Du neu und findest ein unverbrauchtes Erfolgs-Rezept – dein eigenes.

Schließlich verrühren viele Investoren die Begriffe Verlust und Scheitern – nichts ist verkehrter. Mit Verlusten bist Du nicht gescheitert; gescheitert bist Du erst, wenn Du wirklich den Bausparvertrag unterschreibst. Weil dann hast Du aufgegeben und einen Schlussstrich gezogen unter langfristigen Vermögensaufbau.

4. Verluste sind Rabatt-Aktionen

Sonst geize ich gern mit Binsenweisheiten, aber manches muss man tausendmal brüllen, bis der letzte Anleger in Buxtehude es versteht. Ein Verlust ist erst ein Verlust, wenn man ihn mitnimmt – d.h. verkauft oder realisiert. Vorher ist er bloß ein Buchverlust; das ist nichts weiter als eine zackige Schmiererei im Kursverlauf.

Diese Schmiererei kreischt nach kaufen wie Laden-Schaufenster im Frühling: Winterschlussverkauf, 50 % reduziert oder nimm 2, zahle 1. Denn Kursverluste sind nur ein billiger Preis – und sind die Deutschen nicht sorgsame Schnäppchenjäger? Also kaufe ETFs oder Aktien nach, wenn die Kurse wieder im Keller tollen.

Dennoch gibt es drei Einschränkungen, wann ein fallender Kurs ein schlechtes Investment ist:

1. Spitzbübisch klopft dir dein Bankberater auf die Schulter: „Keine Sorge Herr Maier. Dass sich der Kurs erholt, ist so gewiss wie meine Provision, wenn ich ihnen die Anlage verkaufe.“ Forsche selbst nach und wisse, in was Du investierst.

2. Die Finanzpornografie filmt das Investment in anzüglicher Stellung. Täglich rennt die Presse den heißesten Aktien, Anleihen oder Futures hinterher – sie verschlingt die Sieger. Dann kaut sie sie kräftig durch und spuckt sie als Verlierer von morgen wieder aus. Wenn die Presse jubelt, auch wenn der Kurs sinkt, wäre ich vorsichtig, nachzukaufen.

3. Du bist der Verlustaversion aufgesessen: Eigentlich hasst unser Hirn Verluste; gleichzeitig reizt es unseren Spieltrieb, einen Verlust wieder einzutreiben. Sei ehrlich zu dir: Glaubst Du rein rational, dass die Anlage klug ist? Oder willst Du dir nur beweisen, dass Du recht hast und kaufst deshalb nach?

5. Verluste bringen Steuervorteile

Wenn Verluste den Gewinn übersteigen, kannst Du sie in das nächste Jahr mitnehmen – so senkst Du die Kapitalertragssteuer. Das nennt sich Verlustvortrag. Ein Beispiel:

Jahr 1: Du hast Aktie A verkauft mit einem Verlust von 800 Euro. Deine Gewinne aus den übrigen verkauften Aktien betrugen 600 Euro. Insgesamt steckst Du mit 200 Euro in der Miese.

Jahr 2: Du hast Gewinne erzielt von 1000 Euro – das übersteigt deinen Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro: Jetzt wäre die Abgeltungssteuer fällig von 25 %. Aber halt! Du hast noch deine 200 Euro Verlust aus dem letzten Jahr. Diese verrechnest Du mit den 1000 Euro und musst keine Steuern mehr zahlen.

Eine kleine Inspiration: Die erfolgreichsten Gescheiterten

Jetzt nach ein paar Mojitos schwelgst Du im süßen Rausch – da stören auch die sauren Limetten nicht mehr. Du hast begriffen, sie gehören dazu und veredeln den Erfolg wie die Reife den Whiskey. Aber dieser Erfolgsrausch kommt nur, wenn Du trotz Verlusten durchhältst.

Diese drei haben es dir vorgemacht – ahme es ihnen nach:

Warren Buffet

Als Jugendlicher hat Warren sein ganzes Geld bei einem Pferderennen verzockt. Er wettete und verlor, wettete und verlor, bis nur noch ein paar Cents in seiner Tasche klimperten. Sein restliches Geld trug er in ein Café und kaufte sich einen riesigen Karamellpudding. Doch während der den Pudding löffelte, begriff er seinen Fehler:

Er hatte emotional gehandelt; er stand in der Verlustzone und wollte sie am selben Tag wieder aufholen. Diesen Fehler machte er nicht noch einmal.

Larry Fink

Durch eine falsche Zinsvorhersage verursachte er einen Verlust von 100 Millionen Dollar – damals war er Trader bei der Investmentbank First Boston. Heute ist er Gründer und Vorstandsvorsitzender von Black Rock – dem größten Vermögensverwalter der Welt.

Richard Branson

Als Jugendlicher gab er die Schülerzeitung Student heraus, wofür namhafte Autoren schrieben – so z. B. Jean Paul Satre. Dennoch setzt er die Zeitung in den Sand und sie wurde ein Misserfolg. Heute jedoch ist er Multimilliardär und ihm gehören fast 500 Unternehmen.

All das zeigt: Auch mit Verlusten kannst Du es weit bringen, solange Du aus ihnen lernst und sie als Ansporn nimmst.

Zum Nachlesen:

Finanzwesir: Leserfrage: Wie mit Verlusten umgehen?

VLH: Verlustverrechnung: So sparen Sie Steuern

Geldhelden: Wie Investments mit Verlust hilfreich sein können

 

 

Hast Du schon einmal dicke Verluste eingefahren?

Was hast Du daraus gelernt?

Hat es dir weitergeholfen?

Schreibe es mir in den Kommentaren 🙂


Junge lächelt in die Kamera

Über den Autor:

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

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Robin Prock

15 Gedanken zu „Mache Verluste! – 5 Gründe, warum Du Verluste als Gewinn betrachten solltest“

  1. Hallo..
    Eine Frange bezüglich Punkt 5. Wenn ich dieses Jahr eine Aktie mit Verlust verkaufe, verrechnet der Broker das im Nächsten Jahr automatisch mit dem hinterlegten Freibetrag oder muss ich das dann beim Lohnsteuerjahresausgleich mit angeben??

    Antworten
    • Hallo Jens,

      vielen Dank für diese wichtige Frage!

      Nein, das verrechnet dein Broker automatisch. Ohne dass Du es merkst, muss er einen Verlusttopf für Aktien führen, worin er alle Verluste vermerkt und dann mit Gewinnen zusammenrechnet.

      Der Freibetrag bleibt hier außen vor und wird nur auf die Summe übertragen, die von der Zusammenrechnung übrigbleibt. Also: Du hast 3000 Euro Verluste aus dem Vorjahr; dieses Jahr 4000 € Gewinn. Dann fallen nur auf 199 € Abgeltungssteuer an (die restlichen 1000 – 801 Euro), falls Du einen Sparer-Pauschbetrag bei deiner Depotbank in voller Höhe hinterlegt hast.

      Einzige Ausnahme: Du hast zwei oder mehrere Depots, wobei Du nur bei einem Depot Verluste gemacht hast. Dann musst Du bei der Depotbank eine Verlustbescheinigung beantragen – das ist möglich bis zum 15. Dezember.
      Diese Verlustbescheinigung sendest Du mit ans Finanzamt; es verrechnet dann Gewinne und Verluste für Dich.

      Ich hoffe, ich habe deine Frage beantwortet. Wenn nicht, frage gerne noch einmal nach.

      Gruß,
      Robin

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