Sunk Costs – so vermeidest du diesen hinterhältigen finanziellen Denkfehler

Hast du schon mal ein Buch zu Ende gelesen, obwohl du bereits ab der Hälfte festgestellt hast, dass die Handlung voraussehbar und der Schreibstil monoton sind? Hast du eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen, obwohl du wusstest, dass du niemals in diesem Beruf arbeiten wirst, weil du schon zwei Jahre investiert hattest? 

Hast du schon mal die dritte Staffel einer Serie geschaut, obwohl Staffel zwei für dich schon längst nicht mehr spannend war? All das sind Beispiele für Sunk Costs sowie deren Auswirkungen. Wie du dieser Falle entkommst und was du stattdessen tun kannst, erkläre ich dir in diesem Blogbeitrag!

Wie entstehen “versunkene Kosten”?

Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit der Ausbildung beziehungsweise dem Studium zur Hand. Stelle dir vor, du hast schon zwei Jahre hinter dich gebracht.

Schon in den letzten Monaten ist dir aufgefallen, dass dir dieses Fachgebiet, dieses Arbeitsumfeld so gar nicht liegen. Du bist dir sicher, dass du in diesem Bereich niemals glücklich werden wirst und dein volles Potenzial ausschöpfen kannst. 

Allerdings hast du sowohl wertvolle Zeit, Energie als auch Geld in deinen bisherigen Werdegang gesteckt. Diese Sunk Costs, auch irreversible oder versenkte Kosten, beeinflussen deine Entscheidung maßgeblich.

Das Ende vom Lied: du quälst dich, machst einen unterdurchschnittlichen Abschluss und beginnst von vorn. Im schlimmsten Falle mühst du dich die nächsten zehn Jahre in einem Job ab, der dir nichts gibt. 

Dieser Handlungsablauf lässt sich auf viele andere Situationen übertragen, so auch auf die Börse. Umso mehr Zeit, Geld, Anstrengung, oder alle drei zusammen, in der Vergangenheit investiert wurden, umso schwerer fällt ein Abweichen von der bisher eingeschlagenen Richtung.

Die eingesetzte Zeit und das ausgegebene Geld sind jedoch verloren und dürfen als Sunk Costs nicht in zukünftige Entscheidungen mit einbezogen werden. 

Sunk Costs nicht in zukünftige Entscheidungen mit einbeziehen

Rational gesehen, ist es sinnvoller, nicht noch mehr seiner kostbaren Zeit oder seines Geldes für die gleiche Sache zu opfern, sondern sich stattdessen auf etwas Neues zu konzentrieren. Häufig verhalten sich Menschen indessen komplett gegenteilig. 

Dieses Muster wird als Sunk Cost Fallacy bezeichnet und beschreibt die irrationale Beharrlichkeit, mit der wir zuweilen unseren Einsatz steigern, um Vorhaben fortzusetzen, die es nicht wert sind.

Anders ausgedrückt, wir schmeißen gutes Geld, schlechtem hinterher. Versunkene Kosten, sprich jegliche Investition von Zeit, Geld und Energie sind unwiederbringlich. Nur zukünftige Kosten dürfen im weiteren Entscheidungsprozess berücksichtigt werden. 

Versteh mich nicht falsch. Nur, weil du nun die Bedeutung der Sunk Cost Fallacy kennst, ist das noch lange kein Freifahrtschein, um bei jeder Gelegenheit alles hinzuschmeißen und aufzugeben. Selbstverständlich kommt es im Leben auch darauf an, Dinge durchzuziehen und dranzubleiben.

Was bedeuten Sunk Costs an der Börse?

Im Alltag lassen wir Menschen uns durch zahlreiche psychologische “Denkfehler” in unseren Handlungen beeinflussen. Nicht selten, übertrumpfen subjektive Einschätzungen die objektiven Kriterien. Die Börse und ihre Marktteilnehmer sind von diesen Kräften nicht ausgenommen. 

Übertragen wir das Gedankenspiel der Sunk Cost Fallacy auf die Börse, ergibt sich folgendes Szenario. Nehmen wir an du hast eine große Summe in eine Einzelaktie A investiert. Diese verliert nun stetig an Wert und nach drei Jahren ist der Kurs bereits um 50 Prozent gesunken. In diesem Moment setzt dein Sunk Cost Fallacy ein. 

Du redest dir ein, dass du einfach so lange wartest, bis immerhin der Kurs wieder beim ursprünglichen Einkaufspreis notiert und du dich so vor einem realisierten Verlust retten kannst.

Doch die Branche, in der sich der Titel A bewegt sowie äußere Einflüsse haben sich derart verändert, dass sich die Werte nicht mehr erholen. Auf der einen Seite hast du richtig daran getan, die Aktie weiter zu halten, wenn deine Strategie Buy-and-Hold lautet. 

Aktie weiter zu halten, wenn deine Strategie Buy-and-Hold lautet

Schließlich hast du an das Unternehmen geglaubt und warst von dessen Produkten beziehungsweise Dienstleistungen überzeugt, ansonsten hättest du dich zu Beginn gar nicht erst für diesen Titel entschieden.

Auf der anderen Seite hast du entgegen aller warnenden Vorzeichen an einer Aktie festgehalten, weil du dich von den Sunk Costs hast lenken lassen.

Der Verkauf der Aktie A zu diesem Zeitpunkt und eine Investition in Aktie B, die ihren Wert währenddessen verdoppelt hat, wäre definitiv lohnenswerter gewesen. 

Welche Strategie ist die richtige für dich?

Möglicherweise hast du schon feststellen können, dass das zuletzt beschriebene Beispiel eine bestimmte Form des Investierens ist. Bei der Auswahl von Einzelaktien, dem sogenannten Stock Picking, wird gezielt in wenige Unternehmen investiert, um so eine überdurchschnittliche Rendite zu erreichen. Diese Anlagestrategie bedarf eines hohen Zeit- und Analyseaufwandes. 

Nur so kannst du ermitteln, welche Titel die passenden für dein Portfolio sind und, ob diese deinen Kriterien entsprechen. Legst du dein Geld sehr punktuell an, können sich daraus große Schwankungen ergeben.

Das betrifft nicht nur Aktien einzelner Firmen, sondern gleichermaßen Kryptowährungen, Rohstoffe oder Themen-ETFs. Immer, wenn du deinen Einsatz nur auf eine geringe Anzahl Zugpferde verteilst, steigt damit die Volatilität deines Wertpapierdepots.

Die Volatilität ist ein Maß für das Risiko einer Geldanlage. Dies kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken. Es besteht die Chance auf große Gewinne, andersherum wächst jedoch auch die Wahrscheinlichkeit hoher Kursverluste.

Stark fallende Kurse können dazu beitragen, dass deine folgenden Schritte von dem Trugschluss der Sunk Costs geprägt sind. Aus diesem Grund solltest du dir vor deinem Börseninvestment genau überlegen, welche Strategie du verfolgen möchtest. 

Im Gegensatz zum Stock Picking steht die Anlage in den Gesamtmarkt, wie sie beispielsweise mit breit gestreuten Indexfonds umgesetzt werden kann.

Grundlage dieser Herangehensweise ist die Effizienzmarkthypothese, die besagt, dass es nicht möglich ist, langfristig besser als der Markt zu performen und dauerhaft eine Überrendite zu erzielen. Alle Informationen sind bereits in die Kurse der Wertpapiere eingepreist. 

Aus diesem Grund bietet sich eine Investition in die weltweite Wirtschaft an. Exchange Traded Funds, kurz ETFs orientieren sich an bestimmten Indizes. 

Diese ermöglichen unter anderem den Zugang zu einer Vielzahl an Unternehmen und Branchen aus der ganzen Welt, aber auch Nischenthemen wie der Verwendung von Cannabis im medizinischen Bereich oder Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern, die im Blockchain-Ökosystem tätig sind. ETF ist also nicht gleich ETF. 

Bei der Zusammenstellung eines geeigneten Weltportfolios solltest du also dringend darauf achten, auf welchen Index sich der entsprechende ETF bezieht. Eine Kombination aus dem MSCI World und einem Emerging Markets ETF, die insgesamt gesehen mehr als 2.800 Titel aus 40 Ländern der Erde umfassen, kann eine gute Basis darstellen. 

Natürlich bist du auch hier nicht vor sinkenden Kursen gefeit und die Falle der Sunk Costs kann immer noch zuschlagen. Wichtig ist also die richtige Vorbereitung und damit meine ich, dass du dir das grundlegende Wissen aneignen musst, bevor du mit der Investition an der Börse startest. 

Bist du dir sicher, dass du passiv investieren möchtest und dein Fokus auf Buy-and-hold liegt? Hast du dich umfassend mit diesen Begrifflichkeiten und deren Zusammenhängen auseinandergesetzt?

Kennst du die Mechanismen der Börse und weißt, was du während eines Crashs zu tun hast? Du kennst deine finanziellen Ziele und weißt, wie du diese erreichen kannst?

Dann können dir auch psychologische Denkfehler wie die Sunk Cost Fallacy nichts mehr anhaben. Ganz im Gegenteil. Fallende Kurse bedeuten ebenso fallende Preise. Du hast nun die Option günstiger Anteile nachzukaufen.

Unser Verstand wird uns im Alltag immer wieder Streiche spielen und uns zu irrationalen Entscheidungen führen. Das lässt sich kaum vermeiden. Doch vor allem in finanziellen Belangen solltest du dich davon nicht austricksen lassen und mit einem kühlen Kopf agieren. 

Daher ist es essenziell, dass du dich über die Grundlagen des Vermögensaufbaus informierst. Dein Know-How ist das Fundament, um Situationen richtig zu beurteilen. Also arbeite stets daran, dass dein finanzielles Gebäude auf einem sicheren Grund steht. 


Über die Autorin:

Hallo! Mein Name ist Jessi, ich bin 31 Jahre alt und lebe zusammen mit meinem Mann und meinem kleinen Sohn in Berlin. In den letzten 15 Jahren habe ich so ziemlich jeden Euro, den ich zusammenkratzen konnte, für Bekleidung oder anderen Schnickschnack ausgegeben.

Bis ich eines Tages auf die Themen Börse, Aktien und ETFs gestoßen bin. So schaffte ich es, nicht nur ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen, sondern gleichzeitig noch mein Geld für mich arbeiten zu lassen. Alles zu meiner persönlichen Weiterentwicklung und, wie du das auch schaffen kannst, findest du unter themoneygirl.de

2 Gedanken zu „Sunk Costs – so vermeidest du diesen hinterhältigen finanziellen Denkfehler“

  1. Ja, alles richtig. Nur den „Punkt“ für den Ausstieg zu finden ist schwer. So mancher stop-Loss wurde auch schon bereut. Aber es geht tatsächlich: wenn eine Aktie zb 5 oder 10% an Wert verloren hat, Short-Faktorzertifikate kaufen. Gehts wider Erwarten doch wieder hoch, Faktorzertis auf Long kaufen. Dann doch wieder runter ? Short aufstocken. Nennt sich glaub ich martinggale. Klingt nach Arbeit ( Markt beobachten, nachkaufen ), ist es auch. Aber auch und gerade an der Börse ist gewollter Erfolg weder eine Geheimwissenschaft noch ohne Mühe zu erreichen. Nur will das wieder kaum einer glauben und alle jammern dann rum „hätte ich damals doch mal Tesla oder Bitcoin gekauft“. Ja, tolle Erkenntnis. Und was kaufst du heute NICHT, um da wieder in 10 Jahren drüber zu trauern ?

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