Frugalisten gehen mit 40 in Rente und hängen dann weitere 40 Jahre faul und einsam Zuhause rum! Oder etwa nicht?
Auch wenn der Leitspruch der amerikanischen Frugalismus-Bewegung “Financial Independence, Retire Early” lautet, so bedeutet dies nicht, dass eine negative Einstellung zur Arbeit vorherrscht. Für Frugalisten nimmt die Arbeit einen besonderen Stellenwert ein, da sie einen essentiellen Bestandteil des finanziell freien Lebens darstellt.
Das Schaffen von Werten ist für den Erhalt von Geld notwendig und soll keineswegs eingestellt werden. Lediglich der Rahmen der Wertschöpfung soll anhand der eigenen Mittel und Kompetenzen justiert und auf ein Maß ausgerichtet werden, das eine gesunde und glückbringende Lebensweise ermöglicht.
Wie die Studie (Vgl. 2018: „Mitarbeiterstudie Mitteldeutschland“) des Leipziger Marktforschungsinstituts “MAS Partners” zeigte, sind 47 % der Arbeitnehmer im mitteldeutschen Raum mit ihrer Arbeitsstelle unzufrieden. Ziel frugalistischen Handelns ist es, eben jenen Arbeitnehmern eine Alternative zu bieten, welche die Regulierung der Arbeitsbedingungen in die eigenen Hände legt. Dies kann unter anderem durch eine Minimierung der monetären Abhängigkeit erreicht werden. Finanzielle Mittel versetzen den Kapitalhalter in eine Position, in der er unabhängig von Existenzängsten die Arbeit ausüben kann, welche er für geeignet empfindet.
Langfristig gesehen ist das Ausüben einer beruflichen Tätigkeit, als gesund einzuordnen. Jedoch gilt dies nur dann, wenn wenig negativer Stress mit ihr verbunden ist. Negativer Stress schadet Körper und Psyche, begünstigt Krankheiten und senkt das allgemeine Leistungsniveau. Die WHO stuft Stress als größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts ein.
Wie die renommierte Studie “Entspann dich, Deutschland” der Techniker Krankenkasse offenbarte, leiden über 60 % der Deutschen an Stress – 43 % davon berufsbedingt.
Alternative Arbeitskonzepte des Frugalismus
Da sich große Teile der Bevölkerung ein gesundes und glückliches Leben wünschen und bereit dazu sind, diesem Bestreben den beruflichen Erfolg unterzuordnen, erfreuen sich alternative Arbeitskonzepte zunehmender Beliebtheit. In Zeiten der Digitalisierung wird es zudem einfacher, ortsunabhängig und selbstständig tätig zu sein.
Remote Jobs: Als Remote Jobs werden Tätigkeiten bezeichnet, die sich weitestgehend ortsunabhängig ausführen lassen. Eine Option ist beispielsweise das “Homeoffice”, also die Arbeit von Zuhause aus. Zudem stellen auch das digitale Nomadentum (das Arbeiten auf Reisen) sowie die Workation (Urlaubsreisen, während denen im Team Projekte umgesetzt werden) beliebte Wege dar, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu gewährleisten. Diesem Leistungsmodell liegt der Gedanke zugrunde, den Status “Leben um zu arbeiten” gegen “Arbeiten um zu leben” zu tauschen.
Selbstständigkeit: Viele Frugalisten lehnen ein Angestelltenverhältnis komplett ab. Dies lässt sich durch soziale und ökonomische Faktoren erklären. Firmenstrukturen dienen in ihrer Beschaffenheit nicht dem Interesse des einzelnen Arbeitnehmers, sondern stellen Konstrukte der Arbeitsorganisation und des Dienstleistungshandels dar, durch deren Leitung und Zusammensetzung komplexe Produkte und Dienstleistungen angeboten werden können. Es handelt sich hierbei um Infrastrukturen, die auf den höchstmöglichen Ertrag für ihren Betreiber ausgerichtet sind, der wiederum unter anderem aus der niedrigstmöglichen Lohnzahlung resultiert. Ein Unternehmen, das nicht auf diese Weise verfährt, kann sich nicht am Markt behaupten und keine Arbeitsplätze mehr schaffen. Das Unternehmen fungiert als Vermittler von Arbeitsleistung seiner Angestellten und schöpft daraus seinen Gewinn.
Wer in einem Bereich arbeitet, dessen externe Anforderungen an Infrastruktur gering sind, profitiert davon, seine Arbeitszeit für sich selbst einzusetzen, weil der “Zwischenhändler” wegfällt. Seit ein Großteil des Marketings online stattfindet und die meisten Marktplätze ebenfalls digital abgebildet werden, ist es für Privatpersonen verhältnismäßig einfach geworden, eigene Unternehmen zu gründen oder als Freelancer zu arbeiten. Infolge können sie selbst über die eigenen Aufgaben und deren Bearbeitungszeitraum zu bestimmen.
Ein großer Vorteil alternativer Arbeitsmodelle liegt in der Fokusverschiebung, welche das letztendliche Produkt der Bemühung in den Mittelpunkt stellt und sich mit seiner Optimierung befasst. Zudem ist das Einkommen von Selbstständigen potentiell skalierbar, da mit dem Anheben der Arbeitsleistung eine direkte Steigerung des Ertrags einhergeht.
Dass ein Großteil der Deutschen nicht auf ihre geregelte Arbeit als Angestellte verzichten möchte, stellt keinen Widerspruch zu den oben genannten Modellen dar, denn diese können zu Beginn aufgrund ihres flexiblen Charakters nebenher getestet werden (= Teilzeitselbstständigkeit). Wer sich nicht dazu in der Lage sieht, seine direkten Arbeitsbedingungen zu ändern, verfügt über die Möglichkeit, dies durch das spezielle Finanzmanagement des Frugalismus zu kompensieren.
Frugalismus für Geringverdiener
Eine grundlegende Idee des Frugalismus ist es, die eigene Arbeitsleistung stets aus ökonomischer Perspektive wahrzunehmen und somit den Handel zwischen Lebenszeit und Geld zu kontrastieren. Dieser findet bei der Erbringung von Arbeitsleistung zwangsläufig dadurch statt, dass der Arbeitende zu dieser Zeit keinen anderen Tätigkeiten nachgehen kann und sich gegen Geld dazu verpflichtet hat, einer genau definierten Aufgabe nachzukommen. Sofern diese Aufgabe als erfüllend und förderlich wahrgenommen wird, besteht hier kein Problem. Sobald dies jedoch nicht der Fall ist, wird die Lebenszeit des Arbeitenden primär des Geldes wegen getauscht.
Lebenszeit kann ebenso als Ressource und Kapital wahrgenommen werden, stellt allerdings ein schwer zu quantifizierendes Gut dar. In dem Moment, wo sie gegen Geld feilgeboten wird, lässt sich durch den Stundenlohn und private Ausgaben prognostizieren, wie lange gelebt und für eben jene Art der Lebensführung gearbeitet werden muss. Diese Rechnung wird von vielen Frugalisten angeführt, um zu veranschaulichen, weshalb ein frugalistischer Lebensstil sinnvoll sein kann und es sich lohnt, die eigenen Fixkosten gering zu halten.
Mit höheren Ausgaben geht für Arbeitnehmer, die einen Stundenlohn ausgezahlt bekommen, ein höheres Maß an benötigter Arbeitsleistung einher. Dadurch verringert sich die frei einteilbare Zeit. Jene Freizeit wird von vielen Menschen als wertvollste Ressource angesehen, da sie sich nicht mehr zurückholen lässt.
Frugalisten beabsichtigen, mit Hilfe von Genügsamkeit und ökonomischen Regeln, für mehr Geld und somit präventiv für weniger zukünftig zu erbringende Arbeit zu sorgen. Dies führt nicht selten dazu, dass fundamentale Veränderungen des Konsumverhaltens problemlos umgesetzt werden und ein ganzheitlicher Wandel ohne Verlustgefühle stattfinden kann.
Im Hinblick auf ein Leben in Freiheit verlieren kurzfristige Impulse einen Teil ihrer Wirkung, und die Angewohnheit, langfristig zu denken ermöglicht es geschäftlich und privat neue Wege zu gehen. Interne Simulation zukünftiger Momente fördert zudem neben der Kreativität auch die Kompetenz wirtschaftlichen Handelns und ist angesichts der momentanen Rentenkrise sowie der Nullzinspolitik nötig, um eine sichere Zukunft zu gewährleisten.
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1 Gedanke zu „Frugalismus = Rente mit 40?“