Es ist furchtbar! Ohne dass du es merkst, bezahlst du zu viel für deine Aktien. Du kaufst bei 10,50, dennoch landen sie für 11 Euro in deinem Depot. Ärgerlich! Woran liegt das? Dem Spread! Was das ist und wie du ihn garantiert vermeidest, erfährst du jetzt.
Der Spread erklärt – zahle nie wieder zu viel für deine Aktien
Was ist der Spread? – Oder wie das Brötchen zum Edelmann kommt.
Die Börse ist trocken wie ein Knäckebrot; deshalb erkläre ich dir kurz an einem Beispiel, wie Börsenpreise gemacht werden – das wird dir helfen, den Spread besser zu verstehen.
Welches Beispiel ich nehme? – Einen Wochenmarkt im Mittelalter:
Überall stehen Stände mit Obst, Gemüse und Fleisch, wo Käufer in bunter Tracht entlang marschieren, die Äpfel, Birnen und das Brot begutachten und die Ware in ihren Stoff-Säckchen nach Hause tragen.
So weit, so gut.
Auf dem Markt stehen nun drei Bäcker und aus ihren Körben duften und dampfen die frischen Brötchen.
Tritt nur näher – das Schreien der Bäcker ist nicht zu überhören – und sieh selbst, was sie anbieten:
- Bäcker Herbert: 400 Brötchen für jeweils mindestens 2 Gulden
- Bäcker Wilfried: 500 Brötchen für jeweils mindestens 2,5 Gulden
- Bäcker Hermann: 600 Brötchen und hofft auf den besten Preis (Moment mal, wir müssen erst feilschen!)
Jetzt schlendern drei Edelleute durch die Gassen, wedeln mit ihrem Geldsäckchen und suchen Brötchen für ein Festmahl, das sie heute ihren Standesgenossen bereiten.
Zwei von ihnen sind knickrig, einer ist spendabel:
- Edelmann Harpargon: 700 Brötchen für jeweils höchstens 1,5 Gulden
- Edelmann Geizhals: 300 Brötchen für jeweils höchstens 2 Gulden
- Edelmann Tiefetasche: 400 Brötchen für den besten Preis (feilscht gerne)
Zu welchen Preisen wechseln nun die meisten Brötchen den Besitzer?
- 2,5 Gulden: Dafür werden 1500 Brötchen verkauft (alle Bäcker) – aber nur 400 Brötchen gekauft (Tiefetasche).
- 2 Gulden: Dafür würden 1000 Brötchen verkauft (Hermann, Wilfried) und 1400 Brötchen gekauft (alle Edelleute).
- 1,5 Gulden: Dafür würden 600 Brötchen verkauft (Hermann) und 1400 Brötchen gekauft (alle Edelleute).
Zu welchem Preis pendeln sich nun die Brötchen ein?
Genau: zu 2 Gulden.
Zu diesem Preis verkaufen die meisten Bäcker und kaufen die meisten Edelleute.
Übertrage jetzt dieses Beispiel auf die Börse und tausche Brötchen mit Aktien; schon hast du den Bäckertresen – ähh, ich meine das Orderbuch.
So sieht es bei der Börse Stuttgart aus:
Hier siehst du, wie sich Verkäufer (Brief) und Käufer (Geld) gegenüberstehen und die Börse (der Wochenmarkt) sucht einen Preis, wo die meisten kaufen und die meisten verkaufen.
Gar nicht mal so leicht, weil die Käufer einen niedrigen Preis ergattern wollen, Verkäufer natürlich einen bombastisch hohen.
Was, wenn die Börse die Differenz nicht schlichten kann? Die Bäcker wollen 3 Gulden aufwärts, die Edelleute bieten aber nur 2,5 Gulden?
Dann entsteht der schreckliche SPREAD: Es ist die Differenz zwischen Geldkurs (Ich will kaufen) und Briefkurs (Ich will verkaufen).
Was passiert nun an Wochenmarkt und Börse?
Willst du kaufen, aber die Verkäufer wollen nicht verkaufen, zahlst DU darauf.
Andersherum bekommst du weniger, wenn du verkaufen möchtest, aber keiner zu diesem Preis kauft.
Hier ein Beispiel für den Rüstungskonzern Huntington Ingalls:
Die Käufer (Bid) bieten 147 pro Aktie, die Verkäufer (Ask) wollen 151 pro Aktie.
Wenn du nun zum Marktpreis (besten Preis) kaufst, bekommst du sie zu 151 – leider Pech gehabt.
Denn Handelsplätze versuchen möglichst viele Käufer und Verkäufer zu vereinigen wie eine Dating-App; für sie zählt, so viele Aktien wie möglich umzusetzen – nicht, dass du gerade den besten Preis bekommst.
Bei einem hohen Spread zahlst du also darauf – doch wie kannst du dich wehren?
Das erfährst du jetzt:
1. Handle zu öffentlichen Handelszeiten
Mein Huntington Ingalls Beispiel war fies wie der Biss einer Klapperschlange, denn den Screenshot habe ich 06:03 Uhr geschossen (Ja, ich bin Frühaufsteher).
Keine Börse war geöffnet – weder in Deutschland noch in Amerika –, sodass der Handelsplatz nicht wusste, wie der Preis ausfallen wird.
Das bedeutet?
Kennt der Handelsplatz den Preis nicht, schlägt er einen Aufschlag auf den Spread (Overnight-Risiko).
Wie ein Schutzschild sichert er sich gegen Kurs-Kapriolen ab; denn kaufst du billiger als der Eröffnungspreis, ist er der Gelackmeierte:
Er muss darauf zahlen und dir trotzdem die Aktien liefern.
Deshalb bekommst du einen höheren Spread.
Und du schützt dich nun…?
…indem du nur handelst, wenn die Börse geöffnet ist!
Referenz-Börse in Deutschland ist Xetra; sie öffnet 9:00 Uhr und schließt 17:30 Uhr ihre digitalen Pforten.
Solange Xetra geöffnet ist, ist deren Spread ein Leuchtturm für andere Handelsplätze – sie müssen ihren Spread an Xetra anpassen.
Hier ist noch einmal Huntington Ingalls, wenn Xetra geöffnet ist:
Schließt jedoch Xetra, bist du auf der Abschussliste, weil der Spread Luftsprünge machen kann. An keinem Referenz-Wert kann er sich mehr orientieren.
Also, was lernst du daraus?
Handle deutsche Aktien immer von 9:00 bis 17:30 Uhr, wenn kein Spread deine Gewinne zermalmen soll wie ein Mühlstein die Weizen-Ähren.
Aber ich will keine deutschen Aktien, was mache ich dann?
Halte dich an die Börsenhandelszeiten der heimischen Börse.
Kaufst du beispielsweise Apple, ein amerikanisches Unternehmen, dann nur, wenn die amerikanische Börse geöffnet hat – also zwischen 15:30 – 22:00 Uhr.
Willst du ganz auf Nummer sicher gehen, kaufe zwischen 15:30 bis 17:30.
Innerhalb dieser zwei Stunden ist Xetra geöffnet und die amerikanische Börse (NYSE).
Das verringert den Spread und schenkt dir den BESTEN Preis.
Besonders bei Neo-Brokern wie Trade Republic und Scalable Capital solltest du besonders darauf achten, weil du über außerbörsliche Handelsplätze handelst.
Sie – also L&S und Gettex – verdienen mit Spreads ihr Geld und schließt Xetra, bestimmen sie die Spreads.
Jetzt sollte ein großer, blinkender Knopf leuchten mit der Aufschrift: INTERESSENSKONFLIKT.
Ich hoffe, du kannst ihn sehen.
2. Stelle dich zwischen den Spread oder nimm den besten Preis
Vielleicht bist du keine kampflustige Natur, sagst ungern „Nein“ und trittst anderen nur beim Tanzen auf die Füße – ich verstehe dich.
Dann willst du nicht lange überlegen: Wie bekomme ich nun den besten Preis? Ich will einfach die Aktie!
Zögere also nicht und stelle eine Limit-order (unter „Orderarten“ erklärt) auf den Ask-Preis (Brief).
So bekommst du die Aktie sofort. Lohnt sich das?
Nur, wenn der Spread zwischen ein paar Cents schwankt; pendelt er zwischen ein paar Euro, gehe anders vor:
Du setzt eine Limit-Order genau zwischen den Spread.
- Geld (Bid): 15
- Brief (Ask): 20
- Du: 17,5
Vielleicht hast du Glück und deine Order wird ausgeführt.
Denn vielleicht denkt ein Verkäufer: Na ja, 15 ist zu billig – aber 17,5? Das könnte ich mit meinem Gewissen vereinbaren. Schließlich ist die Aktie seit 30 Jahren im Familienbesitz, mein Vater hat sie mir vererbt…
Bringe jedoch einen Proviant-Korb voller Geduld mit; manchmal kann es Tage dauern, bis die Order ausgeführt ist.
Solange musst du von der Geduld zehren und nicht in FOMO verfallen, wenn deine Aktie nicht sofort im Depot liegt.
3. Setze immer ein Limit bei illiquiden Aktien und wenn der Markt heiß läuft
Was sind illiquide Aktien?
Es sind meist kleine Aktien, die kaum gehandelt werden.
Sie haben eine Marktkapitalisierung von ein paar Millionen bis wenigen Milliarden.
(Marktkapitalisierung: Aktienkurs x Anzahl Aktien)
Was ist nun gefährlich daran?
Der hohe Spread: Viele Aktionäre haben ihre Aktien ins Herz geschlossen wie ein Herzschrittmacher – nur ungern trennen sie sich davon.
Deshalb fordern sie einen hohen Preis (Ask).
Schaue nur auf die polnische Gaming-Aktie Ten Square Games:
Fast 7 Prozent Unterschied, wenn du sie jetzt kaufen möchtest.
Was kannst du da tun?
Das Gleiche wie unter Überschrift 2: Setze eine Limit-Order zwischen Geld und Brief und hoffe auf das Beste.
Vielleicht bewegt sie sich in deine Richtung, vielleicht nicht.
Aber immer noch besser, als 7 Prozent draufzuzahlen, weil du nicht warten kannst wie ein Kleinkind, das aus dem Bällebad abgeholt werden möchte.
Das Gleiche gilt ebenso für heiße Marktphasen, wenn die Kurse schwanken wie die Wellen der Nordsee.
Setze immer ein Limit! – Sonst können gerade bei kleinen Aktien die Spreads um 20 bis 30 Prozent steigen.
Diesen Börsenfehler holst du nicht so schnell wieder auf.
PS. Bist du ein Investor mit langem Zeithorizont (> 5 Jahre), sind Spreads meistens uninteressant. Sie sind nur Nadelstiche, keine Pfählung.
Erst bei kurzem Zeithorizont (Stunden, Tage, Woche), solltest du strenger darauf achten, sonst zerschießt du dir mögliche Gewinne.
Quelle Beitragsbild: Photo by krakenimages on Unsplash
Über den Autor:
Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin Prock. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.
2 Gedanken zu „Der Spread bei Aktien erklärt – zahlst du auch zu viel für deine Aktien?“