Siemens, einer der größten Technologiekonzerne der Welt, hat angekündigt, bis 2027 weltweit rund 6.000 Arbeitsplätze abzubauen. Besonders betroffen ist Deutschland mit 2.850 Stellenstreichungen, insbesondere im Bereich Automatisierung. Doch was bedeutet das für die Arbeitnehmer, den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Zukunft des Unternehmens? In diesem Artikel analysieren wir die Hintergründe des Stellenabbaus, dessen Auswirkungen und mögliche Alternativen.

Warum baut Siemens Stellen ab?

Der Siemens-Konzern ist weltweit führend in den Bereichen Automatisierung, Digitalisierung und Elektrotechnik. Trotz eines starken Unternehmenswachstums und eines Quartalsgewinns von 2,1 Milliarden Euro sieht sich Siemens gezwungen, im Bereich Digital Industries Stellen zu streichen. Die Hauptgründe liegen in hohen Lagerbeständen, da Kunden und Händler aufgrund veränderter Marktbedingungen weniger Bedarf an neuen Automatisierungslösungen haben. Zudem schwächelt der deutsche Markt seit zwei Jahren. Siemens möchte seine Kapazitäten effizienter nutzen und sich zukunftsorientierter aufstellen. Auch das Segment der Ladelösungen für Elektrofahrzeuge kämpft mit starkem Wettbewerb und begrenztem Wachstumspotenzial, was ebenfalls zum Stellenabbau beiträgt.

Welche Bereiche sind betroffen?

Die Stellenstreichungen betreffen vor allem zwei Sparten: das Automatisierungsgeschäft innerhalb der Digital Industries und das Geschäft mit Ladelösungen für Elektrofahrzeuge. Im Automatisierungsbereich sollen weltweit 5.600 Stellen wegfallen, davon 2.600 in Deutschland. Hier sind besonders die hohen Lagerbestände und die schwache Marktentwicklung ausschlaggebend. Obwohl betriebsbedingte Kündigungen nicht geplant sind, wird vermutet, dass Bayern als Standort besonders betroffen sein dürfte, da sich dort viele Werke befinden. Im Bereich der Ladelösungen sollen 450 Stellen weltweit gestrichen werden, darunter 250 in Deutschland. Siemens plant, diesen Bereich auszugliedern und sich verstärkt auf Schnell-Ladeinfrastrukturen für Flotten und Langstreckenfahrzeuge zu fokussieren.

Kritik am Stellenabbau

Von Arbeitnehmerseite gibt es deutliche Kritik. Der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall sehen die Maßnahmen als nicht nachvollziehbar. Birgit Steinborn, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, zeigt sich überrascht und verärgert. Sie fordert, dass ein Wachstumsprogramm Arbeitsplätze sichern und nicht abbauen sollte. Auch Jürgen Kerner von der IG Metall kritisiert die Pläne und sieht einen Widerspruch zwischen der geplanten „One Tech Company“-Strategie und dem gleichzeitigen Stellenabbau. Die Gewerkschaften befürchten, dass durch diese „Schrumpfkur“ der grundlegende Unternehmensumbau nicht erfolgreich gestaltet werden kann.

Folgen für die Arbeitnehmer

Laut Siemens sollen betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Stattdessen setzt das Unternehmen auf alternative Maßnahmen wie Weiterbildungen, Umschulungen und eine interne Jobvermittlung. Siemens bietet Qualifizierungsprogramme an, um betroffenen Mitarbeitern neue Karrierechancen innerhalb des Unternehmens zu ermöglichen. Zudem gibt es aktuell rund 2.000 offene Stellen in Deutschland, auf die sich interne Bewerber vorrangig bewerben können. Die Standort- und Beschäftigungssicherung bleibt laut Vereinbarung bestehen, sodass betroffene Arbeitnehmer nicht unmittelbar mit einer Entlassung rechnen müssen.

Vor einem Jobcenter sitzen und stehen Menschen vor der nebligen Stadtkulisse, die Gesichter in Zeitungen vergraben. Die drohenden Folgen des Siemens-Stellenabbaus verstärken die Sorgen vieler, die in der Ungewissheit nach Klarheit suchen.

Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland

Siemens betont, dass der Stellenabbau keine Abkehr vom Standort Deutschland bedeutet. Dennoch gibt es ernsthafte Bedenken. Die Schwächung der Automatisierungsbranche könnte langfristig zu einem Innovationsrückgang führen, was insbesondere in einem Hochtechnologieland wie Deutschland problematisch wäre. Zudem besteht die Gefahr, dass hochqualifizierte Ingenieure ins Ausland abwandern. Sollte Siemens mit dem Stellenabbau eine negative Signalwirkung für andere Unternehmen setzen, könnte dies eine Kettenreaktion auslösen, die weitere Arbeitsplätze im Industriesektor gefährdet.

Gibt es auch positive Aspekte?

Trotz der negativen Schlagzeilen gibt es auch Lichtblicke. Siemens plant Investitionen in Wachstumsbereiche, in denen weiterhin Mitarbeiter eingestellt werden. Die strukturellen Anpassungen könnten langfristig Wettbewerbsvorteile bringen, indem Prozesse effizienter gestaltet und Strukturen gestrafft werden. Zudem ergeben sich neue Chancen für andere Unternehmen, insbesondere für Startups und Mittelständler, die von frei werdenden Fachkräften profitieren könnten. Auch wenn die Stellenstreichungen kurzfristig Unsicherheit verursachen, könnte Siemens durch die Umstrukturierung langfristig seine Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Wie sollten betroffene Mitarbeiter reagieren?

Wer vom Stellenabbau betroffen ist, sollte proaktiv handeln und die internen Umschulungsmöglichkeiten von Siemens nutzen. Das Unternehmen bietet Schulungen an, um Mitarbeitern den Wechsel in andere Abteilungen zu ermöglichen. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, sich auf eine der offenen Stellen innerhalb von Siemens zu bewerben. Alternativ könnte eine Weiterqualifikation in Zukunftsbranchen wie Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien oder Automatisierungstechnik eine neue Perspektive bieten. Da Fachkräfte in diesen Bereichen stark gefragt sind, ist es ratsam, sich frühzeitig beruflich neu zu orientieren und aktiv auf dem Arbeitsmarkt nach Alternativen zu suchen.

Fazit

Der Siemens Stellenabbau zeigt, wie sich große Konzerne an wirtschaftliche Veränderungen anpassen müssen. Während der Abbau von Arbeitsplätzen für betroffene Mitarbeiter eine Herausforderung darstellt, bietet er gleichzeitig Chancen für Umstrukturierungen und Wachstum in anderen Bereichen. Entscheidend wird sein, wie Siemens den Wandel gestaltet und ob die zugesagten Maßnahmen zur Umschulung und internen Jobvermittlung greifen. Arbeitnehmer sollten sich frühzeitig informieren und aktiv nach Alternativen suchen, um bestmöglich auf die Veränderungen vorbereitet zu sein.