Shoppingrausch – Ab wann ist Einkaufen Sucht?

Nur noch schnell dieses eine Kleid. Nur noch diesen einen letzten Pulli. Nur noch dieses eine neue Paar Schuhe… und ehe du dich versiehst, hast du acht Teile im Warenkorb und eine Rechnung von 400 EURO. “Macht nichts, schicke ich doch eh alles zurück. Außerdem brauchte ich noch unbedingt etwas Warmes für die kommende Jahreszeit.”, denkst du dir als du mit kribbeliger Vorfreude auf den “Kaufen-Button” klickst.

Ein wenig unwohl ist dir dann doch zumute. Schließlich ist das dieses Monat nicht die erste Bestellung und es warten noch zwei Rechnungen darauf, bezahlt zu werden. Kurz fragst du dich, ob das wirklich hatte sein müssen. Warum willst du immer mehr einkaufen? Sucht ist ein Begriff, der dir in den Sinn kommt, aber wie äußert sich eine Shoppingsucht? Diese und weiter Fragen klären wir in diesem Blogbeitrag! 

Was bedeutet Sucht?

Orientiert man sich an der Weltgesundheitsorganisation ist Sucht “ein Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, hervorgerufen durch den wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Droge”. Darüber hinaus werden folgende Kriterien definiert, die einen entscheidenden Einfluss haben:

  • unüberwindbares Verlangen zur Einnahme oder Beschaffung des Stoffes
  • Tendenz zur Dosissteigerung aufgrund einer Toleranzerhöhung
  • schädliche Einflüsse für den Einzelnen und oder die Gesellschaft
  • psychische und meist physische Abhängigkei
  • Kontrollverlust über das eigene Verhalten

Sucht ist das Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden alle anderen rationalen Argumente untergeordnet. Damit wird die freie Entfaltung einer Persönlichkeit beeinträchtigt und soziale Bindungen sowie Chancen stark beschädigt.

Liest man diese Beschreibungen, denkt man vielleicht zunächst an den “klassischen” Konsum von stofflichen Substanzen wie Alkohol, Cannabis oder Kokain, jedoch lassen sich diese Symptome auf jegliches übermäßig ausgeführte Verhalten übertragen. Egal, ob Sport, Essen, Arbeit oder eben auch das Einkaufen. Sucht kann sich in allen Lebensbereichen zeigen.  

Symptome auf jegliches übermäßig ausgeführte Verhalten übertragen

Wie weiß ich, ob das Einkaufen Sucht ist?

Zuvor haben wir uns den Begriff Sucht an sich und deren Kriterien etwas näher angeschaut. Für die Kaufsucht oder auch Shoppingstörung genannt, gibt es spezifische Merkmale, die darauf hindeuten können. Kaufsucht ist keine offiziell anerkannte Krankheit und wird bisher lediglich zu den Störungen der Impulskontrolle gezählt.

Aus diesem Grund sind die Forschung sowie deren finanzielle Mittel recht dürftig. Generell können Männer und Frauen jeglicher Einkommens- und Altersklasse betroffen sein. 

Bei jedem kann das Einkaufen zur Sucht werden. Dabei können sich problematische Handlungen unterschiedlich äußern. Der eine shoppt gern Schnäppchen, der andere fokussiert sich vor allem auf teure Designerstücke.

Der eine präferiert das Online-Shopping, während der andere nur ins Ladengeschäft geht. Die Ausprägungen sind unterschiedlichster Natur und natürlich können sich alle diese Formen mischen. Ebenso ist der Verlauf nicht immer einheitlich. Symptomfreie Phasen können sich mit Phasen des täglichen Konsums abwechseln. 

So zeigt sich bei jedem ein individuelles Bild beim Einkaufen. Sucht äußert sich im Allgemeinen erst dann, wenn die Betroffenen:

  • einen Kontrollverlust beim Einkaufen erleiden
  • dabei ein intensives Verlangen nach dem Kauf verspüren
  • ein Verhalten entwickeln, aus dem Konflikte mit Familie und oder Freunden entstehen
  • finanzielle Probleme bis hin zur Verschuldung erleben
  • Geldsummen ausgeben, die früher oder später sogar ihren Notgroschen aufbrauchen
  • sich sehr oft mit konsumbezogenen Themen beschäftigen und ihre Gedanken vom nächsten Einkauf beherrscht werden
  • Produkte in einer unnötigen Stückzahl erwerben oder solche, die sie gar nicht benötigen
  • Gekauftes verstecken, verstauen, vergessen und verschenken
  • aus emotionalen Gründen heraus einkaufen
  • das Einkaufen als elementarer Teil ihres Charakters ansehen

Um für dich festzustellen, ob sich das Einkaufen bereits von einem netten beziehungsweise notwendigen Zeitvertreib zu einer Einkaufen Sucht entwickelt hat, kannst du dir unter anderem folgende Fragen stellen:

  1. Kaufe ich häufiger? Früher hat ein Einkaufsbummel pro Woche genügt, jetzt muss ich fast jeden Tag etwas kaufen.
  2. Fühle ich mich unwohl, wenn ich nicht einkaufen kann? Manchmal fühle ich angespannt oder kribbelig, wenn ich nicht sofort das kaufen kann, was mir vorschwebt.
  3. Zweifle ich an meinem Verhalten? Ich habe schon öfter über meinen Konsum nachgedacht und habe ein ambivalentes Gefühl dazu. Einerseits fühle ich mich euphorisch andererseits bin ich wütend, verzweifelt, gestresst, wenn ich an meine Käufe denke.
  4. Sprechen Freunde oder Familie auf mein Kaufverhalten an? Freunde und oder Familienmitglieder haben mich bereits besorgt auf mein vermehrtes Einkaufen angesprochen. 
  5. Kann ich mich beim Einkaufen kontrollieren? Manchmal habe ich das Gefühl, die Kontrolle beim Shoppen zu verlieren, und kaufe letztendlich viel mehr oder bedeutend häufiger etwas ein, als ich es eigentlich vorhatte.
  6. Fühle ich mich schuldig? Ich habe meine Einkäufe schon mal vor jemandem verborgen oder mich nicht getraut, offen darüber zu sprechen, da es mir unangenehm war.
  7. Shoppe ich, wenn es unangebracht ist? Ich habe schon des Öfteren während der Arbeitszeit oder während eines Treffens mit Familie oder Freunden (online) geshoppt, obwohl ich mich offensichtlich auf etwas anderes hätte konzentrieren sollen.
  8. Habe ich andere Verpflichtungen ignoriert, um stattdessen einkaufen zu können? Ich habe andere Aufgaben nicht erfüllt oder Verabredungen mit anderen Menschen nicht eingehalten, um anstelle dafür etwas kaufen zu können.

Selbst, wenn du keine dieser Fragen mit “Ja.” beantwortet hast, aber das Gefühl hast, dass das Verlangen nach Konsum dich in deinem Leben beeinträchtigt, ist das ein Zeichen genauer hinzusehen. Neuere Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 600.000 bis 800.000 der Deutschen krankhaft kaufsüchtig sind.

Zudem wird vermutet, dass ungefähr die gleiche Anzahl an Personen gefährdet ist. Zusammengenommen denken zwei Prozent der Bundesbürger ständig nur ans Einkaufen. Sucht ist eine überaus starke Bezeichnung. 

Meiner Meinung nach nutzen viele Menschen dies als Ausrede. “Mein Verhalten ist nicht zwanghaft. Solange ich keine Schulden habe, ist alles in Ordnung. Ich könnte jederzeit weniger einkaufen.“ Sucht muss sich meines Erachtens nicht immer in einem wahnhaften Shoppingrausch äußern. 

Ein recht hohes Maß an Konsum wird nicht nur von der Gesellschaft akzeptiert, sondern sogar angesehen. Wie viele Instagram Accounts thematisieren hauptsächlich den Konsum und werden für diesen Erfolg von der Community gefeiert?! 

Das Kaufverhalten der meisten Menschen braucht nicht den Titel Kaufsucht, um als problematischer Lebensstil zu gelten. Ich bin überzeugt, dass dieser Mechanismus bereits sehr viel früher greift. Wir kaufen einfach zu viel ein! Damit möchte ich nicht zu Frugalismus oder Minimalismus aufrufen, sondern allgemein zu einem bewussteren Lebensweise. 

Wie kann ich weniger einkaufen? Der Einkaufen Sucht entgegenwirken.

Abschließend möchte ich dir gern noch drei Tipps mit auf den Weg geben, die dir dabei helfen können, weniger einzukaufen. 

Hast du das Gefühl, dass du das allein nicht schaffst, suche dir bitte professionelle Hilfe bei einem Psychotherapeuten oder den Beratungsstellen der Suchthilfe. Auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung findest du ein Verzeichnis mit Suchtberatungsstellen: https://www.bzga.de/service/beratungsstellen/suchtprobleme/ 

Bist du auf der Suche nach einer Suchthilfegruppe in deiner Umgebung, kannst du in der Datenbank für Nationale Kontakt-und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) fündig werden: https://www.nakos.de/adressen/datenbanksuche/

Selbsthilfegruppen Kaufsucht

  • Gehe achtsam mit dir um

Oft sind es bestimmte Situationen, die in uns bestimmte Gedankengänge auslösen. Diese wiederum führen zu bestimmten Gefühlen, aus denen Handlungen und entsprechende Ergebnisse resultieren. Achte also darauf, welche Umstände dich dazu verleiten, an das Einkaufen zu denken.

Ist es eine nervige Kundenanfrage, eine Auseinandersetzung mit einem Freund, ein Angebots-Newsletter oder das Sale-Schild im Schaufenster? Nimm wahr, ob und wie diese Dinge dich triggern. Was denkst du und wie fühlst du dich? Achtsamkeit im Umgang mit dir und deinen Gefühlen ist ein erster Schritt in die Richtung eines bewussteren Konsums.

  • Bedürfnisse richtig erfüllen

Häufig versuchen wir andere Bedürfnisse zu kompensieren, wenn wir einkaufen. Sucht kann entstehen, wenn wir das, was wir eigentlich wirklich brauchen, versuchen, mit einer anderen Handlung zu übertünchen. Versuche also nicht nur herauszufinden, wie deine wahren Gefühle aussehen, sondern leite daraus ebenfalls Umsetzungsstrategien ab. 

Mache dir dafür eine Liste mit 30 Dingen, die du anstatt Shopping tun kannst. Gehst du normalerweise einkaufen, wenn du einen stressigen Tag hattest, versuche es anstelle dessen doch mal mit Yoga, Sport, Meditation, einem Telefonat mit einem Freund oder einer Freundin, zeichnen, lesen, backen, kochen, Gartenarbeit, stricken, Gitarre spielen, basteln, singen, tanzen oder einem Spaziergang – was auch immer dir in diesem Moment Entspannung bringt. 

  • Setze dir bessere Ziele

Vielleicht ist dein oberstes Ziel gerade, das neue Kleid zu besitzen oder dir die neueste Smart-Watch zu bestellen. Denke jedoch mal darüber nach, welche übergeordneten Ziele du haben könntest. Möglicherweise ist es eine längere Fernreise, ein Haus oder die Vorsorge für den Ruhestand. Letzteres mag noch sehr lange hin sein, aber du solltest gerade in jungen Jahren damit beginnen, für diesen Lebensabschnitt vorzusorgen. 

Der Staat wird es nicht es nicht tun, deine Eltern werden es auch nicht tun. Du bist ganz allein dafür verantwortlich, etwas fürs Alter zur Seite zu legen. Du entscheidest im Übrigen auch darüber, wann du in du in Rente gehst und wie sich deine finanzielle Freiheit gestalten kann.  

Wie bewertest du dein Konsumverhalten? Bist du zufrieden damit wie oft und wie viel du einkaufst? Schreib es uns gern in die Kommentare!


Über die Autorin:

Hallo! Mein Name ist Jessi, ich bin 31 Jahre alt und lebe zusammen mit meinem Mann und meinem kleinen Sohn in Berlin. In den letzten 15 Jahren habe ich so ziemlich jeden Euro, den ich zusammenkratzen konnte, für Bekleidung oder anderen Schnickschnack ausgegeben.

Bis ich eines Tages auf die Themen Börse, Aktien und ETFs gestoßen bin. So schaffte ich es, nicht nur ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen, sondern gleichzeitig noch mein Geld für mich arbeiten zu lassen. Alles zu meiner persönlichen Weiterentwicklung und, wie du das auch schaffen kannst, findest du unter themoneygirl.de

 

 

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