Wie Bitcoin unser Finanzsystem auf den Kopf stellt – Interview mit Aaron Koenig

Noch viermal schlafen, dann steht das Bitcoin Halving vor der Tür (12. Mai). Durch den Schornstein kommt es zwar nicht, lässt aber bestimmt ein paar Geschenke in der Wallet. Höchste Zeit also, noch einmal die Blockchain zu drücken und Bitcoin zu pauken: Warum ist der Bitcoin so revolutionär? Wie sehr stellt er unser Finanzsystem auf den Kopf? Diese Fragen beantwortet Marcos heutiger Gast Aaron Koenig. Er ist ein Masternode in der Szene, hat bereits mehrere Bücher geschrieben und Filme gedreht.

Hier sind seine Bücher:

Achtung: Der Text ist keine wortgetreue Übertragung des Interviews. Aussagen wurden gekürzt, zusammengefasst oder ausgelassen.

Was unser Finanzsystem falsch macht

Marco (ungläubig): Du sagst, Bitcoin sei digitales Bargeld. Was hat denn Bitcoin bitteschön mit Bargeld zu tun?

Aaron: Was macht denn Bargeld aus? – es ist mein Eigentum. Ich nehme es aus der Brieftasche, bezahle damit oder stopfe es in ein Sparschwein; es ist zu 100 % meins. Vom Geld auf dem Konto kann ich das nicht behaupten: Zwar verspricht mir die Bank, es sei mein Eigentum. Aber geht die Bank pleite, wird aus dem Versprechen eine gestotterte Entschuldigung.

Über Bitcoin hingegen bin ich der Herr; ich kann Dir Peer-to-Peer Geld schicken oder von Dir empfangen. Doch das Revolutionäre: Das Geld in digitaler Form kommt bei Dir an und ich habe keine Kopie. Von Dokumenten gibt es Kopien, von E-Mails, Chats – doch nicht von Bitcoin. Schicke ich ihn Dir, ist er wirklich Deiner. Das macht den Bitcoin so besonders.

Marco: Aber es gibt doch schon Euro, Dollar, Yen – warum braucht die Welt eine weitere Währung?

Aaron: Bei diesen Währungen gibt einen Fehler im System, weil der Staat das Geldmonopol hat – und Monopole sind niemals gut. Schon immer gab es Geld: Muscheln, Steine, Stöcker, bis Gold aufkam. Das rissen sich die Mächtigen unter ihre langen Fingernägel, prägten Münzen und manipulierten es: Sie stanzten den Kaiser darauf und verminderten den Goldanteil. Später gab es Papiergeld als Quittung für eingelagertes Gold. Allerdings endete 1971 die Goldpreisbindung.

Seitdem können Staaten Geld aus Luft erschaffen; die Schulden türmen sich zum Mars und die Inflation steigt. Das war die Wurzel allen Übels. Die steigenden Mieten und unbezahlbare Wohnungen sind die Folge: Denn wohin flüchten Investoren, um ihr Vermögen zu schützen? – in Immobilien. Folglich steigen die Preise und die Mieten gleich mit, um die Immobilienpreise zu refinanzieren.

Warum Bitcoin die bessere Währung ist

Marco: Aber Bitcoin ist auch nur digitales Geld, was macht er denn anders? – ist nicht das gleiche Problem mit eingebaut?

Aaron: Wo finden sich denn jetzt noch Münzen – außer als Glücksbringer auf der Straße? Das meiste Geld ist bereits digital als Kreditkarten oder Überweisungen. Das Problem aber ist: Wer stellt das Geld her? Die Zentralbanken. Aber auch normale Banken schöpfen Geld, indem sie Kredite vergeben. Leihe ich mir 100.000 € von der Bank, war das Geld vorher nicht da; die Bank hat es erst erschaffen. Das ist ein reines Betrugssystem.

Mit dem Goldstandard war das unmöglich. Gold lässt sich nur aufwendig vermehren – man muss buddeln, schürfen, graben. Genauso funktioniert Bitcoin. Nur mit sehr hohem Energieaufwand lassen sich neue Coins erschaffen; wie Gold ist er nicht manipulierbar. Mit Bitcoin haben wir deshalb ein dezentrales System – keiner emittiert alleinig Geld. Hinzu kommt: Niemand bestimmt, womit ich zahlen muss.

Die Kryptowährungen stehen folglich im Wettbewerb – und was ist die Folge? Die Produkte werden schneller, besser, günstiger, weil die Kunden nur das Beste wollen. So bildet sich ein dezentrales System heraus neben dem Zentralismus der Regierungen.

Marco: Aber was bleibt ist das Rechtsystem – das kann Bitcoin nicht verändern. Können Regierungen Bitcoin nicht einfach verbieten? Sie müssen ja kein neues System akzeptieren.

Aaron: Für ein dezentrales Rechtssystem es schon Versuche wie die „Zone for Employment and Economic Development“ in Honduras. Formal ist sie der Regierung unterstellt, faktisch jedoch ist sie selbstbestimmt, und zwar in der Justiz, in der Wirtschaft und in der Verwaltung. Man ist also bereits bemüht, die Konzentration des Rechts in einer Hand zu sprengen.

Aber zu Deiner Frage: Bitcoin lässt sich nur sperren, wenn alle Staaten ihn verbieten. Ein sinnloses Unterfangen, da einige Staaten längst die Innovation umarmen. Lockere Regelungen locken Blockchain-Unternehmen an und die bringen Knowhow und Arbeitsplätze gleich mit. So sieht es beispielsweise die Schweiz und Singapur. Bitcoin lässt sich also nicht mehr austreiben wie einen bösen Fluch, dafür ist es zu spät.

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Was Du jetzt über Bitcoin wissen musst

Marco: Aber der Ottonormalverbraucher will doch nur eins: ein verlässliches Zahlungsmittel. Was muss er also jetzt tun?

Aaron: Wer schon jetzt mit Bitcoin Sicherheit sucht, der ist fehl am Platz. Dafür ist er noch zu neu: Sein Preis geht noch rauf und runter. So bleibt das Risiko, aber auch die Chance auf Preissteigerung ist nicht weit. Deswegen ist der Bitcoin eine langfristige Geldanlage. Aber wie fängt man mit Bitcoin an?

  1. Informieren: Was ist Geld? Was ist das Geldsystem? Bitcoin ist ein großer Revolutionär, nicht nur eine profitable Geldanlage. Wer nur Letzteres sieht, verkennt seinen Zweck.
  2. Hintergrundwissen: Die Leute brauchen nur die Basics zu verstehen, kein genaues Detailwissen. Wie funktioniert die Blockchain ins kleinste Detail? – wen interessiert’s. Sie können auch E-Mails verschicken, ohne das Protokoll dahinter zu ergründen.
  3. Software herunterladen: Jetzt brauchen sie noch eine Wallet. Darauf liegen die Schlüssel, um auf ihre Bitcoins zuzugreifen. Diese Wallets sind weltweit vernetzt – ich schicke Coins zu Dir und Du zu mir. Das ist viel sicherer, weil kein Betrug möglich ist. Keiner kann Deine Identität stehlen oder Deine „Kreditkarte“ stibitzen.

Aber nur, wenn Du eine Hardware-Wallet hast. Damit liegen die Schlüssel auf einem externen Gerät und nicht auf dem Computer. Außerdem kannst Du mit ihnen Sicherheitskopien erstellen: Verlierst Du Deine Wallet, gibst Du in die Neue Deinen Code ein. Simsalabim, schon sind die Coins wieder da.

Nicht sicher sind indessen Börsen oder Online-Wallets – hier haben die Anbieter die Schüssel. Werden sie gehackt, sind deine Coins Diebesgut. Deshalb: Jeder ist selbst verantwortlich!

Marco: Zurzeit ist Bitcoin noch sehr komplex. Wird es irgendwann leichter?

Aaron: Erinnerst Du Dich noch, wie schwer es war, in den 90-er Jahren ins Internet zu gehen? In den gleichen Kinderschuhen steckt noch Bitcoin. Aber der Trend marschiert in Richtung Benutzerfreundlichkeit. Das Problem: Die Blockchain ist zwar sicher, aber behäbig – die Gebühren sind oft zu hoch und man wartet lange auf die Bestätigung.

Das zu ändern ist die Aufgabe des Lightning-Netzwerkes. Es ist gerade in Arbeit und soll eine weitere Schicht sein über der Blockchain. Das wird die große Revolution werden: Können Kunden blitzschnell mit dem Lightning-Netzwerk bezahlen, wird der Bitcoin auch die Kaufhäuser erobern.

Was Du jetzt tun kannst

Marco: Was kann jeder Einzelne tun, um diese Entwicklung zu fördern?

Aaron: Die beste Möglichkeit ist Arbeiten und dadurch Bitcoin verdienen. Wir drehen z.B. Filme für Blockchain-Firmen; die bezahlen uns in Dash, Ripple oder eben Bitcoin. Wer jedoch keine Bitcoins verdienen kann, sollte sie umtauschen und erstmal horten. Denn eine langfristige Wertsteigerung ist sehr wahrscheinlich.

Der Grund? Bitcoin ist das knappste Gut der Welt – es wird nie mehr als 21 Millionen geben. Dennoch ist ein Bitcoin unendlich teilbar, was ihn geeignet macht als Zahlungsmittel. Doch Knappheit reicht nicht; sie muss sich vereinigen mit Nachfrage. Auch die sehen wir: Obgleich der Kurs oft fällt, steigt trotzdem die praktische Anwendung – Menschen überweisen und kaufen ein.

Marco. Wie können sich Leute über Bitcoin informieren?

Aaron: Über Treffen, Bücher oder Bitcoin-Fachmedien wie BitcoinBlog.de. Schaut aber auf keinen Fall in die Mainstream-Medien. Die haben entweder keine Ahnung oder die Journalisten sind angewiesen, Nachrichten zu verzerren. Da erfährt man nichts Gescheites.


Junge schaut in die Kamera.

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

Hier der Link zu meinem YouTube-Kanal.

Robin Prock

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