Bargeld abheben ist für viele Menschen in Deutschland noch immer ein fester Bestandteil des Alltags. Ob am Bankautomaten, in Supermärkten oder an Tankstellen – Bargeld ist trotz zunehmender Digitalisierung für viele unverzichtbar. Doch genau dieser Alltag gerät zunehmend ins Wanken. Filialen werden geschlossen, Geldautomaten abgebaut und Kooperationsmodelle zwischen Banken und Partnerunternehmen beendet. Eine besonders einschneidende Änderung erwartet Kundinnen und Kunden der Cash Group ab Juli 2025: Das kostenlose Bargeldabheben an Shell-Tankstellen wird eingestellt. Diese Entwicklung steht exemplarisch für eine viel größere Bewegung: das schleichende Zurückdrängen des Bargelds in Deutschland.
Bargeld abheben: Ein Grundbedürfnis mit wachsender Hürde
Für viele Menschen ist es selbstverständlich, Bargeld abheben zu können. Der Besuch am Geldautomaten gehört zum Alltag. Ob für den Einkauf auf dem Wochenmarkt, das Trinkgeld beim Friseur oder kleinere Ausgaben zwischendurch – Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank nutzen rund 58 Prozent der Menschen Bargeld als bevorzugtes Zahlungsmittel im Alltag (Stand: 2023). Doch was passiert, wenn der Zugang zu Bargeld eingeschränkt wird?
Das Ende einer bequemen Lösung: Shell und die Cash Group
Bislang konntest du als Kund:in der Cash Group (Deutsche Bank, Commerzbank, Postbank, HypoVereinsbank) bequem an Shell-Tankstellen Bargeld abheben – ganz ohne Einkauf und ohne Gebühren. Bis zu 1.000 Euro pro Tag waren möglich. Dieses Modell war besonders im ländlichen Raum beliebt, wo Bankfilialen rar sind. Doch damit ist ab dem 30. Juni 2025 Schluss: Die Kooperation wird nicht verlängert. Damit fallen rund 1.300 Abhebepunkte weg. Ein schwerer Schlag für die Bargeldversorgung vieler Menschen.
Filialsterben und Automatenabbau: Ein flächendeckendes Problem
Deutschland erlebt seit Jahren ein drastisches Filialsterben im Bankensektor. Zwischen 2000 und 2023 hat sich die Zahl der Bankfilialen mehr als halbiert. Gleichzeitig werden immer mehr Geldautomaten abgebaut – aus Kostengründen, aber auch aus Sicherheitsaspekten wie der Zunahme von Sprengungen. Besonders betroffen ist der ländliche Raum, in dem oft weder Filialen noch Automaten in nächster Umgebung zu finden sind. Für viele ältere Menschen ohne Onlinebanking-Kenntnisse stellt das ein gravierendes Problem dar.
Supermärkte und Einzelhandel: Keine vollwertige Alternative
Zwar bieten Supermärkte wie REWE, Lidl, EDEKA oder ALDI mittlerweile die Möglichkeit, beim Bezahlen ab einem bestimmten Einkaufswert (meist 10 bis 20 Euro) Bargeld abzuheben, doch das ist keine vollwertige Alternative zu klassischen Bankautomaten. Erstens musst du dort einkaufen, zweitens gibt es eine Obergrenze (zumeist 200 Euro). Und drittens ist dieser Service nicht flächendeckend verfügbar. Auch hier trifft es die Menschen auf dem Land besonders hart.
Der digitale Euro als Alternative? Oder als Gefahr für die Freiheit?
Ab Oktober 2025 startet die Europäische Zentralbank (EZB) den Praxistest für den digitalen Euro. Dabei handelt es sich um eine digitale Zentralbankwährung (CBDC = Central Bank Digital Currency), die parallel zum Bargeld existieren soll. Offiziell wird betont, dass Bargeld nicht abgeschafft werden soll. Doch Kritiker bezeichnen den digitalen Euro als Einstieg in ein „schleichendes Bargeldverbot“. Der Grund: Digitale Währungen lassen sich komplett überwachen, Transaktionen sind nachvollziehbar, an Bedingungen koppelbar oder sogar zeitlich begrenzt nutzbar. Die Sorge: Wer die Kontrolle über das Geldsystem hat, kontrolliert auch die Bürger.
Bargeld als Ausdruck von Freiheit und Datenschutz
Bargeld hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Es ermöglicht anonyme Zahlungen, schützt die Privatsphäre und ist krisensicher. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, Inflation oder geopolitischer Spannungen ist Bargeld für viele ein Vertrauensanker. Der zunehmende Abbau von Bargeld-Infrastruktur bedeutet nicht nur einen praktischen Nachteil, sondern auch einen Schritt in Richtung digitaler Totalüberwachung. Deshalb fordern zahlreiche Verbände, Datenschützer und Verbraucherschützer, dass Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel auch langfristig erhalten bleibt.
Was du tun kannst, um weiterhin an Bargeld zu kommen
Auch wenn es zunehmend schwieriger wird, Bargeld abzuheben, gibt es noch Möglichkeiten:
- Nutze frühzeitig und regelmäßig Bankautomaten in deiner Nähe.
- Informiere dich bei deiner Bank über Partnerschaften mit anderen Banken oder Supermärkten.
- Plane größere Bargeldabhebungen vorausschauend.
- Hebe bei Urlaubsreisen oder größeren Einkäufen gezielt Bargeld ab.
- Engagiere dich für den Erhalt von Bargeld – zum Beispiel durch Petitionen oder Bürgerinitiativen.
Kommt das Bargeldverbot durch die Hintertür?
Der schrittweise Abbau von Bargeldangeboten, die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und die Einführung des digitalen Euro lassen erahnen, wohin die Reise geht. Offiziell wird stets betont, dass Bargeld erhalten bleibt. Doch de facto wird es schwieriger, an Bargeld zu kommen. Was früher eine Selbstverständlichkeit war, wird heute zum Hindernislauf. Die Gefahr: Wer heute keine Stimme erhebt, wacht morgen in einer bargeldlosen Gesellschaft auf – und verliert ein wichtiges Stück Freiheit.
Fazit: Bargeld abheben wird zur Herausforderung
Die Einstellung der Bargeldabhebung an Shell-Tankstellen ist kein Einzelfall, sondern Teil einer größeren Entwicklung. Immer mehr Filialen schließen, Geldautomaten verschwinden, alternative Abhebemöglichkeiten sind begrenzt und an Bedingungen geknüpft. Gleichzeitig steht mit dem digitalen Euro ein neues System in den Startlöchern, das tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Zahlungsfreiheit haben könnte. Wer heute noch Bargeld abheben möchte, muss zunehmend planen und kämpfen. Bargeld ist mehr als nur eine Zahlungsmethode – es ist ein Symbol für Selbstbestimmung, Freiheit und Datenschutz.