Im Jahr 2021 stellte sich Berlin erneut als politisches Labor der Republik dar. Mit dem Volksentscheid “Deutsche Wohnen & Co enteignen” forderte eine klare Mehrheit der Berliner Wählerschaft – etwa 59,1 % – die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohneinheiten. Hintergrund war eine jahrelange Eskalation der Mieten, ein dramatischer Mangel an bezahlbarem Wohnraum und das Gefühl vieler Bürger, dass Unternehmen mit Wohnraum spekulieren, statt ihn zu erhalten. Die Wut auf die großen Wohnkonzerne wie Vonovia oder Deutsche Wohnen, die Renditeorientierung über soziale Verantwortung stellten, entlud sich in einem eindrucksvollen politischen Signal.
Doch der Volksentscheid hatte einen Haken: Er war rechtlich nicht bindend. Der damalige Senat – bestehend aus SPD, Grünen und Linken – setzte eine Expertenkommission ein, die die verfassungsrechtliche Machbarkeit einer solchen Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes prüfen sollte. Diese Kommission kam 2023 zu dem Ergebnis, dass eine Vergesellschaftung rechtlich grundsätzlich möglich sei – unter bestimmten Voraussetzungen. Die Umsetzung blieb jedoch aus. Erst die schwarz-rote Koalition, bestehend aus CDU und SPD, griff das Thema im Jahr 2024 wieder auf, allerdings mit einer anderen Stoßrichtung: Nicht eine sofortige Vergesellschaftung, sondern ein Rahmengesetz sollte geschaffen werden. Dieses Rahmengesetz soll klare Regeln und Kriterien definieren, unter denen eine Vergesellschaftung überhaupt möglich ist. Es geht um Rechtssicherheit – sowohl für das Land Berlin als auch für betroffene Unternehmen und Investoren.

Was ist ein Rahmengesetz? – Eine juristische Einordnung
Ein Rahmengesetz ist – wie der Name schon sagt – kein unmittelbar vollziehbares Gesetz. Es schafft einen rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen bestimmte Maßnahmen möglich sind. Im Fall des Vergesellschaftungsrahmengesetzes bedeutet das: Es wird nicht automatisch enteignet oder vergesellschaftet, sondern es werden Kriterien und Verfahren festgelegt, wann und wie eine Vergesellschaftung denkbar ist. Juristisch betrachtet handelt es sich um ein sogenanntes Vorbereitungsgesetz oder Ausführungsgesetz zu Artikel 15 Grundgesetz.
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass Artikel 15 GG bislang ein “schlafender Riese” sei. Er wurde seit Bestehen des Grundgesetzes nie angewandt. Doch die rechtlichen Voraussetzungen sind eindeutig: Artikel 15 erlaubt die Überführung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft – allerdings nur durch Gesetz und gegen Entschädigung. Der Unterschied zu klassischen Enteignungen nach Artikel 14 Absatz 3 GG ist entscheidend: Während dort der Verkehrswert als Maßstab für die Entschädigung gilt, lässt Artikel 15 GG mehr Spielraum – insbesondere, wenn die Vergesellschaftung dem Allgemeinwohl dient.
Ein Rahmengesetz in diesem Kontext würde also nicht selbst vergesellschaften, sondern als gesetzliche Grundlage für künftige Einzelmaßnahmen dienen. Es wäre der erste Schritt, ein konkretes Verfahren mit rechtlicher Klarheit zu etablieren – ein Schritt, der weitreichende Signalwirkung hätte, nicht nur für Berlin, sondern bundesweit.
Was genau ist das Vergesellschaftungsrahmengesetz?
Das Vergesellschaftungsrahmengesetz der schwarz-roten Berliner Koalition ist ein Gesetzesvorhaben, das klare rechtliche Rahmenbedingungen für mögliche Vergesellschaftungen in Bereichen der sogenannten Daseinsvorsorge schaffen soll. Dabei geht es primär um Wohnraum, kann aber perspektivisch auch Energieversorgung, Wasserwirtschaft oder sogar Gesundheitsdienstleistungen betreffen. Der Gesetzentwurf soll bis Ende 2025 ins Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht werden und frühestens zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft treten. Diese Verzögerung ist bewusst gewählt: Man will dem Bundesverfassungsgericht Zeit geben, das Gesetz vor Inkrafttreten zu prüfen – um rechtssichere Entscheidungen zu ermöglichen und juristische Klärungen vorwegzunehmen.
Das Gesetz soll Anwendung finden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen:
- Unternehmen verstoßen dauerhaft gegen gesetzliche Vorgaben.
- Sie tätigen über einen längeren Zeitraum keine oder zu geringe Investitionen in die Instandhaltung oder den Ausbau ihrer Infrastruktur.
- Gewinne werden systematisch abgeschöpft, ohne dass eine Reinvestition ins Unternehmen erfolgt.
- Es besteht ein eklatanter Widerspruch zu den Klimazielen der EU, des Bundes oder des Landes Berlin.
Damit setzt das Gesetz bewusst auf qualitative Indikatoren, um Misswirtschaft, Spekulation und Verantwortungslosigkeit im Umgang mit elementaren Ressourcen wie Wohnraum oder Energie zu sanktionieren.
Wer ist vom Vergesellschaftungsrahmengesetz betroffen?
Zunächst betrifft das Vergesellschaftungsrahmengesetz große Wohnungsunternehmen – etwa jene, die mehr als 3.000 Wohneinheiten in Berlin besitzen. Dies entspricht der Zielgruppe des ursprünglichen Volksentscheids. Unternehmen wie Vonovia, Deutsche Wohnen oder Adler Group fallen somit direkt in den Anwendungsbereich.
Doch die Wirkung könnte über den Wohnungsmarkt hinausgehen. Denn auch Unternehmen in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge – Energie, Wasser, Verkehr, Kommunikation – könnten betroffen sein, wenn sie dauerhaft ihre Verpflichtungen missachten. Die Kriterien sind bewusst offen formuliert und lassen sich auf verschiedene Sektoren anwenden. Das birgt Risiken, aber auch Chancen: Der Gesetzgeber schafft ein generalisiertes Instrument zur Durchsetzung des Gemeinwohls.
Privatpersonen mit Eigentum – zum Beispiel Selbstnutzer einer Eigentumswohnung – sind hingegen nicht direkt betroffen. Das Gesetz zielt nicht auf individuelle Eigentümer, sondern auf institutionelle Marktteilnehmer. Dennoch besteht die Gefahr, dass durch politische Fehlinterpretationen oder spätere Erweiterungen des Gesetzes auch kleinere Vermieter in den Fokus geraten könnten. Diese Unsicherheit wird von Kritikern immer wieder betont.
Verfassungsrechtliche Einordnung des Vergesellschaftungsrahmengesetzes
Der wohl brisanteste Aspekt des Vergesellschaftungsrahmengesetzes ist seine verfassungsrechtliche Grundlage. Es stützt sich explizit auf Artikel 15 des Grundgesetzes – und nicht auf Artikel 14, der klassischerweise bei Enteignungen herangezogen wird. Artikel 15 erlaubt die Überführung von Produktionsmitteln in Gemeineigentum durch Gesetz. Der Knackpunkt: Dieses Instrument wurde bisher nie angewandt und ist juristisches Neuland.
Die Expertenkommission des Berliner Senats hat 2023 festgestellt, dass Artikel 15 GG grundsätzlich anwendbar sei – allerdings unter strengen Bedingungen. Die Maßnahme muss dem Allgemeinwohl dienen, darf nicht willkürlich erfolgen und erfordert eine gesetzliche Grundlage. Genau hier setzt das Vergesellschaftungsrahmengesetz an.
Besonders umstritten ist die Frage der Entschädigung. Während Artikel 14 GG eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts vorschreibt, ist Artikel 15 in dieser Hinsicht offener. Einige Juristen argumentieren, dass die Entschädigung auch deutlich unter dem Marktwert liegen kann – insbesondere wenn Gemeinwohlinteressen überwiegen. Dies wäre ein Paradigmenwechsel im deutschen Eigentumsrecht und könnte zu weitreichenden Klagen führen. Kritiker warnen daher vor einem juristischen Flächenbrand, sollten Entschädigungen zu niedrig ausfallen.
Das Bundesverfassungsgericht wird daher eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Bewertung spielen. Die zwei Jahre zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten des Gesetzes sollen genau diese Prüfung ermöglichen – ein Novum in der Gesetzgebungspraxis.
Auswirkungen des Vergesellschaftungsrahmengesetzes auf Investoren und Eigentümer
Für Investoren, insbesondere institutionelle Anleger im Wohnungs- und Infrastrukturbereich, ist das Gesetz ein potenzieller Gamechanger. Die Möglichkeit einer politischen Vergesellschaftung – selbst wenn sie nur theoretisch ist – verändert das Risikoprofil von Immobilieninvestitionen fundamental. Standorte mit politischen Unsicherheiten werden tendenziell gemieden, was Berlin mittelfristig Kapital kosten könnte.
Unternehmen, die in die Zielkriterien des Gesetzes fallen könnten, müssen nun ihre Unternehmensstrategie überdenken. Renditeorientierte Modelle mit minimalen Investitionen und maximaler Gewinnabschöpfung geraten ins Visier. Gleichzeitig entsteht ein politischer Druck, die ESG-Ziele (Environmental, Social, Governance) nicht nur zu propagieren, sondern auch konsequent umzusetzen.
Für Eigentümer außerhalb der kritischen Schwelle – etwa kleinere Vermieter – besteht aktuell keine unmittelbare Gefahr. Dennoch wächst die Verunsicherung, ob das Gesetz in Zukunft ausgeweitet oder missbraucht werden könnte. Einige fürchten eine politische Salamitaktik, bei der der Kreis der Betroffenen schleichend erweitert wird.
Strategische Empfehlungen für Unternehmen und Eigentümer
Angesichts der potenziellen Tragweite des Gesetzes sollten betroffene Unternehmen frühzeitig reagieren. Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert:
- Rechtliche Prüfung der eigenen Unternehmensstruktur im Hinblick auf Vergesellschaftungsrisiken.
- Transparente Kommunikation mit Mietern, Öffentlichkeit und Politik, um Imageverluste zu vermeiden.
- Nachhaltige Investitionsstrategien entwickeln, um langfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten und politischen Angriffspunkten vorzubeugen.
- Stärkung der ESG-Kriterien in allen Unternehmensbereichen.
- Frühzeitiger Dialog mit Behörden und proaktive Compliance-Prüfungen, um Sanktionen und politische Initiativen zu vermeiden.
Auch Eigentümer ohne große Portfolios sollten das politische Klima aufmerksam beobachten. In Zeiten wachsender Regulierung ist politische Wachsamkeit genauso wichtig wie wirtschaftliche Rentabilität.
Fazit: Das Vergesellschaftungsrahmengesetz als Signal mit Sprengkraft
Das Vergesellschaftungsrahmengesetz ist weit mehr als ein rechtliches Detail aus dem Berliner Senat. Es ist ein politisches Statement – und ein Experiment, dessen Konsequenzen noch kaum abzuschätzen sind. Einerseits könnte es ein dringend benötigtes Instrument gegen Marktversagen im Wohn- und Versorgungssektor sein. Andererseits besteht die Gefahr, dass es Investoren abschreckt, Eigentumsrechte untergräbt und juristische Unsicherheiten verstärkt.
Für Unternehmer und Eigentümer bedeutet das: Nicht Panik, aber Aufmerksamkeit. Die politische Realität verändert sich. Wer sich rechtzeitig anpasst, kann Risiken minimieren – und vielleicht sogar Chancen erkennen.
Berlin hat den ersten Schritt getan. Ob andere Länder folgen – und ob das Bundesverfassungsgericht diesen Weg bestätigt –, wird die nächsten Jahre zeigen.
⚠️ Achtung: Der digitale Euro kommt – bist du vorbereitet?
Immer mehr Kontrolle. Immer weniger Freiheit. Doch du kannst dich schützen – und zwar legal, einfach und sofort umsetzbar.
In unserem kostenlosen Webinar erfährst du Schritt für Schritt, wie du dein Geld vor Zugriff schützt, alternative Konten nutzt, anonym bleibst und dich aus dem System zurückziehst – ohne Panikmache, sondern mit klaren Lösungen.
- ✅ Schutz vor dem digitalen Euro
- ✅ Internationale Konten & Strategien
- ✅ Gold, Bitcoin & Co. richtig nutzen
Trag dich jetzt kostenlos ein – sichere dir deinen Platz im nächsten Live-Webinar (Termin kommt per Mail)