Wein als Geldanlage: Mit Alkohol Aktien schlagen?!

Im Wein liegt die Wahrheit – doch liegt im Wein auch das Geld? Weinpäpste, Kenner und Sommeliers gurgeln vollmundig „Ja“. Ob Wein als Geldanlage nicht nur beschwipst, sondern auch reich macht, erfährst du jetzt.

Wein als Geldanlage – ob es sich lohnt und wie du investierst

Lohnt sich Wein als Geldanlage?

Wein wird in ein Glas Geschüttet
Quelle Bild: Photo by Lefteris kallergis on Unsplash

Wann ist eine Sache wertvoll? – sobald Knappheit und Nachfrage verschmelzen wie Cola und Orange im Mezzo-Mix.

Bei Gemälden ist das so, Schmuck und Oldtimern; doch deren Bilanz ist über die Jahre enttäuschend:

Gemälde sind beispielsweise von 1652 bis 1961 jährlich nur um 0,55% gestiegen (Frey, Pommerehne 1989) – statt Vermögen nur bröckelnde Ölfarben.

Doch was ist mit Wein als Geldanlage?

Schwierig, verlässliche Daten zu bekommen.

Weinkenner klirren natürlich die Gläser: Wein habe in den letzten 40 Jahren den S&P 500 (US-amerikanischer Aktienindex) übertroffen.

Belege sind jedoch spärlich wie Haare im Alter – keiner liefert einen Chart über die letzten 40 Jahre. Was sie weben, sind Flickenteppiche:

Von 2001 bis 2008 hat Wein jährlich 10,9% abgeworfen, der S&P schaffte nur 5,1%.

Die Entwicklung von Wein als Geldanlage von 2001 bis 2008
Quelle: https://www.etf.com/sections/features-and-news/1532-veni-vinum-vici?nopaging=1

Nur bei The Mootley Fool habe ich gute Zahlen gefunden: Zwischen 1988 und 2019 sei Wein um 1474% gestiegen; der Dow Jones auf 783%, der S&P 500 auf 744%.

Schaust du jedoch auf einzelne Zeiträume, ist das Bild eher ernüchternd wie die Nacht nach einem Weinfest:

Von 1986 bis 1996 erreichte Wein nur 59 % der Rendite von US-amerikanischen Blue-Chips-Aktien (Burton, Jacobson 2007).

Und wie ist derzeit die Rendite von verschiedenen Weinen-Indizes verglichen mit dem S&P 500 und dem MSCI World?

Index Lfd. Jahr 1 Jahr 5 Jahre
Liv-ex Fine Wine 50 0,89% -3,33 25,60
Liv-ex Fine Wine 100 1,16% -2,02 26,66
Liv-ex Fine Bordeaux 500 1,47% -1,24 30,86
Liv-ex Fine Wine 1000 -0,02% -3,24 41,73
S&P 500 2,09% (Ohne Dividenden!) 11,37% 77.48
MSCI World 5,34% (Netto!) 16,79 53,34

Die Weindaten stammen von Liv-ex – einer Wein-Börse und Datenbank für Weinindizes in London.

Längere Datenreihen von Liv-ex waren mir leider nicht zugänglich; dennoch zeichnet sich ein Gesamtbild:

Gegorener Traubensaft hat – wie fast jede Anlage – seine Momente der Überrendite.

Ob jedoch Wein als Geldanlage auch langfristig profitabel schäumt, ist möglich, jedoch mit den genannten Zahlen nicht sicher einzuschätzen.

Natürlich nehme ich meine Daten aus Wein-Indizes – ganze Daten-Keller voller Flaschen.

Einzelne Jahrgänge übertreffen den Index genauso wie Apple den S&P 500.

Oder wie die Römer sagen würden: „Guter Wein ist ein Geschenk der Götter“.

Eine Weinkiste vom 1982 Château Latour sprang beispielsweise allein um 45 % im letzten Quartal 1996.

Lohnt sich also Wein als Geldanlage?

Es ist das alte Dilemma: Steckst du tief im Fach wie ein Korken in der Flasche, kannst du mit Wein tüchtig Gewinne erzielen – genauso wie mit einem Bild von Van Gogh oder einem Ferrari 335 Sport Scaglietti.

Unerfahrene Investoren sind hingegen planlos und zuletzt ihr Geld los, sollten sie sich blind auf Weine stürzen.

Denn im Rewe-Getränkemarkt findest du keine gehobenen Sorten:

Nur ca. 1% der weltweiten Weine lohnt sich als Investment.

Zudem ist das nicht der einzige Nachteil von Wein als Geldanlage:

Die Nachteile von Wein als Geldanlage

Wein wird als Geldanlage gelagert
Quelle Bild: https://unsplash.com/photos/CPMZguYURMw

Sammlerwerte haben einen Makel: Bist du Sammler, hast du das Wissen, Verkaufen jedoch schmerzt wie dein Kopf nach einer stundenlangen Weinverkostung.

Als Spekulant hingegen willst du verkaufen, allerdings fehlt das Wissen.

Deshalb brauchst du Hilfe, einen Weinkenner, der dich berät, unterstützt und dir erklärt, wie du edle Tropfen von Pfennigfusel unterscheidest – angesehen sind z. B. die Expertise von Robert Parker oder die Plattform VIN X.

Dennoch ist die Wissenslücke nicht die einzige Reblaus, die deine Ernte zerfressen könnte.

Weitere Nachteile sind:

  • Fälschung: Schon seit der Antike blüht die Wein-Fälschung. Besonders befallen sind edle Weine aus Frankreich und Italien.
  • Preisschwankungen: Die Preise von Wein schwanken wie der Magen-Inhalt bei einer Achterbahnfahrt – sogar innerhalb eines Tages gehen sie rauf und runter.
  • Auktionen: Teure Weine werden oft über Auktionen erworben, mit den üblichen Nachteilen – der Preis ist der Kauflust oder Unlust der Teilnehmer ausgeliefert. Zudem musst du dich teils dubiosen Auktionshäusern anvertrauen.
  • Mangelnde Liquidität: Wein ist flüssig, aber nur in der Flasche, nicht auf dem Markt. Oft dauert es Monate bis du deine Flaschen zu Geld machst.
  • Lagerung: Wein muss in Weinkellern oder speziellen Schränken gelagert werden; passt die Luftfeuchtigkeit und Temperatur nicht, wird er muffig.
  • Preis für Lagerung: Wer selbst nicht lagern möchte, muss für die Lagerung tief in den Kelter greifen – das schöpft die Rendite ab.
  • Hohes Startkapital: Mindestens 10.000 € solltest du einplanen, damit sich Wein als Geldanlage überhaupt lohnt.
  • Trinklust: Die größte Gefahr kommt wohl von dir selbst – die Tochter heiratet, der Sohnemann wird volljährig. „Ich habe da doch noch einen Screaming Eagle Cabernet Sauvignon 1992 im Keller…“

Aber genug genörgelt! Wer tatsächlich auf Wein als Geldanlage spekuliert, hat meist ausgesorgt, ist Wein-Enthusiast und besitzt seinen eigenen Schrank oder Keller.

Wie jedoch kannst du dein Geld in Wein anlegen?

Wie kannst du in Wein investieren?

Mann prüft seinen Wein als Geldanlage
Quelle Bild: Photo by 🇨🇭 Marcel Gross | @marcelgross.ch on Unsplash

Flaschen und Kisten

Flaschen sind gut, Kisten sind besser – Weinhändler bezahlen mehr für den gleichen Wein in einer Kiste.

Doch vollständig muss sie sein!

Wer schon an ein paar Flaschen genippt hat wie die Römer in Asterix bei den Briten, mindert ebenso den Wert der übrigen Flaschen.

Also, worauf solltest du achten, wenn du Weine kaufst?

Auf u.a. fünf Faktoren:

  1. Herkunft: Weine aus Burgund, Bordeaux und der Toskana gehören zu den teuersten.
  2. Jahrgang: Oft ist ein Wein umso teurer, je älter er ist.
  3. Knappheit (auch der Flasche): 2017 wechselte eine seltene Flasche California cabernet sauvignon den Besitzer für 350.000$.
  4. Weingut: Zu den erlauchten Namen gehören Château Mouton-Rothschild, Château Cheval Blanc und Château Lafite.
  5. Boden

Weinaktien

Die wenigsten werden wohl ein Kiste Wein für den Vermögensaufbau lagern – aber wie sieht es mit Weinaktien aus?

Gehören sie in ein gepflegtes Portfolio wie ein Kelch Wein zum antiken Trankopfer?

Lohnt es dich, in diese Aktien zu investieren?

Dies sind die bekanntesten Weinaktien:

1. Constellation Brands (USA)

Schon seit 1945 beschwipst, bekneipt und beschickert Constellation Brands seine Kunden in den USA.

Dennoch macht die Weinproduktion nur 30 % des Umsatzes aus – der Rest kommt vom germanischen Nationalgetränk: Bier.

In der Corona-Krise (März) ist die Aktie zwar von 191 € auf 100 eingebrochen, mittlerweile steht sie aber wieder bei über 150 € (Stand 26. September).

Dennoch ist Corona nur ein Aussetzer in einer langen Erfolgsgeschichte:

Vor der Finanzkrise 2007 waren Umsätze wie Gewinne über 10 Jahre lang gestiegen.

Dann kam der Dämpfer, aber zwischen 2012 und 2019 stiegen beide wieder ununterbrochen.

Von 2012 bis heute ist die Aktie um gut 830 Prozent gestiegen – ganz ohne Technik, Cloud und Big Data.

Auch trockene Kehlen vermehren Geld.

Nur passt die Aktie kaum in eine Dividendenstrategie:

Constellation Brands schänkt eher Wein und Bier aus statt Dividende – erst seit 2016 bekommt der Investor etwas zurück.

2. Treasury Wine Estates (Australien)

Ganz auf den Weinbau spezialisiert hat sich Treasury Wine Estates.

Das Unternehmen gibt es seit 2011, vorher gehörte es zu dem Getränke-Riesen Fosters Group.

Zum Sortiment gehören sowohl Handels als auch Luxusweine. Aber wie sehen die Zahlen aus?

Seit der Gründung ist der Umsatz stabil gestiegen mit kleinen Dellen 2018 und 2020.

Profitabel ist es seit 2015 und wäre Corona nicht gewesen, wäre der Gewinn bereits über 550 Prozent gestiegen seit 2015.

Die Dividendenrendite ist mit gut 5 Prozent auch nicht zu verachten.

Nur ist der Kurs von Februar zu März um über 60 Prozent eingebrochen – von 11,10 € auf 4,64 €.

Erholt hat sich bis jetzt nicht: Er klemmt bei guten 5 € (Stand 28. September 2020).

Andere Weinaktien, die man sich ansehen könnte:

  • Concha y Toro (Chile)
  • Baron de Ley (Spanien)
  • Laurent-Perrier (Frankreich)

Die Rendite der Weinaktien ist beachtlich; vor allem, weil der Weinkonsum steigt, und das weltweit.

Und mit dem steigenden Wohlstand der Welt reißt diese Entwicklung sicherlich nicht ab.

Doch das ist keine Aufforderung zum Kauf!

Recherchiere selbst, bevor du eine Aktie in dein Portfolio aufnimmst.

3. Weinfonds

Warum Wein lagern, wenn man einen Fonds findet, der das übernimmt?

Gute Frage, auf die es eine gute Antwort gibt:

Internationale Weinfonds sind wie Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds organisiert mit ihren üblichen Schönheitsflecken:

  • Hohe Gebühren: Meist 2% Management-Gebühren und 20 % Performance-Gebühr.
  • Liegen oft in Steueroasen und sind dementsprechend unreguliert.
  • Keine Kontrolle über die Manager.
  • Kapital ist mehrere Jahre gebunden.
  • Manche nur schwer öffentlich zugänglich.

Diese Intransparenz macht das wichtigste fast unmöglich: Du kannst nicht prüfen, ob der Fonds einen londoner Liv-ex Index schlägt.

Wegen dieser Intransparenz sind die meisten Weinfonds nicht zu empfehlen.

Öffentlich gehandelte Weinfonds sind dagegen:

  • Investment Wine Fund (Rendite seit 2004: + 120.60% ohne Kosten)
  • International Wine Investment Fund (keine Daten gefunden)

Nur ist es auch hier schwer an Daten zu gelangen; vom International Wine Investment Fund war die Website nicht mehr verfügbar.

Falls dich hingegen eine Zocker-Ader kitzelt, Wein als Geldanlage wird noch spekulativer ausgeschenkt:

Wein-Futures oder sogenannte en primeurs

Was sind Futures?

Es sind Absicherungs-Verträge: Produzent und Händler einigen sich auf einen Preis und ein Datum, wann die Ware den Besitzer wechseln soll.

Sobald es so weit ist, kauft der Händler die Ware zum vereinbarten Preis – und der Produzent muss sie abtreten. Egal, ob der Marktpreis gestiegen oder gefallen ist.

Genauso sichern sich viele Weingüter ab: im Herbst die Ernte, im Frühling die Verkostung, wo Journalisten wie Weinkenner eintreffen und nach Qualität gurgeln, gluckern und schnuppern.

Hunderte Weine werden pro Tag probiert – eine Sauftour mit kommerziellen Hintergedanken.

Ist die Verkostung durch, bestimmt der Winzer einen Preis für die Futures und dann wird gekauft.

Dennoch dauert es, bis du deine Investition auch zu Hause verkosten kannst – mindestens zwei Jahre ruht sie noch im Fass.

Piekfeine Sorten lagern noch länger: die Weine aus Crus Bourgeois beispielsweise bis zu 15 Jahre.

Doch was sind die Vorteile für dich, wenn du Wein-Futures erwirbst?

  • Sichere dir einen festen Preis und damit vielleicht ein Schnäppchen.
  • Erhalte die Chance auf eine Wertsteigerung in den nächsten Jahren.
  • Sichere dir erlesene Sorten.
  • Lasse dir seltene Flaschen garantieren wie eine 9 Liter Salmanazar.

Die ganze Sache kann natürlich auch enden wie ein Boomerang, den du achtlos wirfst, nicht mehr beachtest und der dir dann wirbelnd ins Auge saust:

Niemand versichert dir, dass die Preise steigen und dein Future ein gutes Geschäft ist.

Ok, das stimmt nicht ganz; einige versichern es dir schon:

Diejenigen, die die Futures verkaufen.

Sogar ziemlich dreist sind sie.

Einige Anbieter verschweigen, dass der Preis auch fallen könnte, falls die Nachfrage gering ausfällt.

Davon kein Wort – nur steigende Preise werden umschwärmt wie der letzte Teenie-Star, der einen Nummer 1 Hit landet.

Außerdem gibt es noch ein weiteres Risiko: Manchmal ruht der Wein noch Jahrzehnte im Fass; bis dahin könnte auch das Weingut untergehen.

Dann sitzt du schlimmstenfalls auf deinem wertlosen Future.

Also: Futures sind wirtschaftlich ein hervorragendes Instrument; nur als Investor solltest du dich von seriösen Kennern beraten lassen, willst du Futures in Zukunft kaufen.

Fazit: Wein als Geldanlage

Weinflasche steht halbleer neben Weinglas
Quelle Bild: Photo by Wolfgang Hasselmann on Unsplash

Das Jahr 2001 war ein Schlag in die blauen Trauben der Weinindustrie.

Sie wurde vollkommen heruntergeputzt von einem Doktoranden – Frédéric Brochet.

57 Weinexperten lud er zu einer Weinverkostung ein, um zwei Weine zu bewerten: einen roten und einen weißen.

Und das machten sie, wie sie sonst rote und weiße Weine beurteilten:

Der Rote wurde als würzig beschrieben, intensiv und satt.

Der Weiße als lieblich, frisch und blumig.

Was sie nicht schmeckten: Es war zweimal der selbe Weißwein – einmal war er einfach rot gefärbt.

Was kannst du aus dieser Geschichte mitnehmen?

Wein als Geldanlage ist glitschiges Terrain, wo auch Experten stolpern und fallen.

Zwar sind die Renditen – falls sie stimmen – der letzten dreißig Jahre beachtlich, aber nicht garantiert:

Du musst den richtigen Wein erwerben, lagern, nicht anrühren und zuletzt auch zu Geld machen können.

Dazu ist Wissen nötig, Equipment und vor allem Leidenschaft für die Sache.

Laien machen sich hier gerne lächerlich wie die 57 Weinkenner.

Probiere dich deshalb nur an Weinen, wenn du bereits ausgesorgt hast, in andere Anlagen investierst – wie Aktien, Immobilien oder ETFs – und das eingesetzte Kapital auch verlieren kannst.

Und dann betrachte die Weinwelt eher als Liebhaberei, denn als wirkliche Wertanlage.

Denn wenn du als Anleger mit deinen Spitzenweinen scheiterst, kannst du sie immer noch selbst schlürfen und dich mit Goethe trösten:

„Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.“

Quelle Beitragsbild: Photo by Justin Aikin on Unsplash


Junge schaut in die Kamera

Über den Autor:

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

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