Rentenlücke berechnen – was kostet ein früherer Ruhestand?

Sie kommt in ganz großen Schritten und wird für alle, die nach 1970 eher die Regel als die Ausnahme sein. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung werden bei einer negativen Arbeitsmarktentwicklung im Jahre 2036 fast 22 Prozent der Personen ab 67 Jahre davon betroffen sein. Die Rede ist von Altersarmut.

Auch, wenn es niemand hören will, führt nur ein Weg daran vorbei – die private Vorsorge. Doch wie viel muss ich überhaupt zur Seite legen, damit es später reicht? Wie du deine Rentenlücke berechnen kannst und welche Rolle dabei Steuern und Inflation spielen, klären wir in diesem Blogbeitrag! 

Welche Probleme bringt die gesetzliche Rente mit sich?

Groß kündigte Olaf Scholz im Wahlkampf die Rettung des Rentenniveaus an. Fünf Prozent mehr sind für das nächste Jahr geplant. Das derzeitige Umlageverfahren basiert darauf, dass die gesetzlich versicherten Arbeitnehmer in die Kassen einzahlen.

Diese Einnahmen werden eins zu eins an die Rentner und Rentnerinnen ausbezahlt. Unser Rentensystem setzt sich aus drei Säulen zusammen. Die gesetzliche, die betriebliche und die private Altersvorsorge.

Insgesamt werden direkt 18,6 Prozent vom Bruttolohn für die Rentenversicherung abgezogen. Davon übernehmen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils die Hälfte, sprich jeder 9,3 Prozent.

Nach heutigem Stand ist ein standardmäßiger Eintritt ins Rentenalter mit 67 Jahren geplant. Ist ein früherer Ruhestand gewünscht, werden pro Monat 0,3 Prozent von der erarbeiteten Rente abgezogen. 

Die maximale Kürzung beträgt 14,4 Prozent. Möchte man die Rentenlücke berechnen, muss diese Abminderung berücksichtigt werden. Schließlich gilt diese ein Leben lang, auch, wenn das Regelrentenalter erreicht wird. 

Dieser Prozentsatz bezieht sich auf einen Zeitraum von 4 Jahren. Das bedeutet, dass selbst mit Abzügen eine vorzeitige staatliche Rente höchstens mit 63 Jahren möglich ist.

In den Sondierungspapieren, die für die Verhandlungen der Koalitionsgespräche der neuen Bundesregierung dienen, ist von einer teilweisen Kapitaldeckung der Rentenbeiträge durch den Finanzmarkt die Rede. Eine kleine Revolution.

Wir dürfen gespannt sein, ob sich dieser Vorschlag bei der Ampelkoalition durchsetzt. Da das Rentensystem Deutschland momentan zusätzlich erheblich aus Steuereinnahmen finanziert werden muss, könnte diese Maßnahme den Bund enorm entlasten. 

Hier einmal der Vorschlag der FDP während des Wahlkampfes:

Im letzten Jahr mussten bereits über 90 Milliarden EURO aus Steuergeldern an die Rentenkasse fließen. Bereits 2025 könnte sich diese Zahl mit dem Renteneintritt der Babyboomer erheblich steigen. Zusätzlich laufen in vier Jahren grundlegende Regularien aus.

Darunter fallen, dass der Rentenbeitrag nicht über 20 Prozent und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent liegen dürfen.

Im Jahr 2020 betrug das Verhältnis zwischen Altersrentenbezieher und Beitragszahler 1 zu 1,8. In nur neun Jahren könnten für einen Rentner:in gerade mal 1,5 gesetzlich Versicherte einzahlen.  

Was passiert, wenn ich mit 50 aufhören möchte zu arbeiten?

Möchtest du vor dem 63 Lebensjahr aufhören zu arbeiten, ist das theoretisch möglich, allerdings wird dir zu diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Rente ausgezahlt. Ein vorzeitiger Renteneintritt ist bis auf wenige Ausnahmen also nicht möglich.

Möchtest du deine Rentenlücke berechnen, musst du hier 13 Jahre hinzuaddieren, in denen du gar keine Rente beziehst. Zudem fällt die Rente aufgrund fehlender Beiträge bedeutend niedriger aus.

Wir gehen nun anhand eines Beispiels durch, wie hoch die Rente ausfallen könnte, und welche Differenz sich zum Wunscheinkommen daraus ergibt.

Beispielrechnung:

  • Laura ist derzeit 35 Jahre alt
  • seit ihrem 23 Lebensjahr arbeitet sie in einer Festanstellung in Berlin
  • ihr jährliches Bruttoeinkommen beläuft sich auf 40.000 EURO
  • sie plant den vorzeitigen Ruhestand mit 50
  • Laura hat noch keine Kinder

Die monatliche Rente ergibt sich aus folgender Formel:

Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x aktueller Rentenwert x Rentenfaktor

Entgeltpunkte

Jedes Jahr wird Lauras Gehalt an dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten gemessen. Entspricht ihr Jahreseinkommen genau diesem Durchschnittswert, erhält sie einen Entgeltpunkt.

Wäre ihr Einkommen doppelt so hoch wie der Durchschnitt, würde sie zwei Entgeltpunkte erhalten. Es sind maximal zwei Entgeltpunkte pro Jahr möglich.

Liegen die Entgeltpunkte zwischen 0,3 und 0,8 jährlich tritt ab 2021 zusätzlich die Grundrente in Kraft. Dieses Durchschnittsgehalt variiert natürlich von Jahr zu Jahr.

Für die Pflege Angehöriger und die Kinderbetreuung erfolgt eine separate Berechnung. Ein Jahr Kindererziehungszeit entspricht derzeit etwa 30 EURO Rente pro Monat. 

Kindererziehungszeit entspricht derzeit etwa 30 EURO Rente pro Monat

Zugangsfaktor

Zu den Zugangsfaktoren zählen Zu- und Abschläge, die bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Ein früherer Renteneintritt zählt unter anderem zu den Abzügen.

Zuzüge entstehen, wenn nach Eintritt in das Rentenalter zunächst auf die Rente verzichtet wird. Ergeben sich keine Zu- oder Abzüge beträgt dieser Wert 1,0. 

Aktueller Rentenwert

Das ist der Gegenwert, der einem Entgeltpunkt entspricht. Dieser Wert wird immer der aktuellen wirtschaftlichen Situation angepasst. Noch besteht ein Unterschied zwischen Ost und West.

Dieser soll jedoch ab dem 1.Juli 2024 aufgehoben werden. Momentan ist ein Entgeltpunkt 34,19 EURO in Westdeutschland und 33,47 EURO in Ostdeutschland wert.

Rentenartfaktor

Hier werden bestimmte Faktoren für die Altersrente, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, Witwenrente, Voll-oder Halbwaisenrente angesetzt. In unserem Beispiel beträgt der 1,0.

Rentenlücke berechnen anhand von Lauras Beispiel:

Laura geht noch 27 Jahre voll arbeiten und verdient sich damit pro Jahr einen Entgeltpunkt. Das sie mit 50 den Ruhestand plant, muss sie mit 14,4 Prozent weniger rechnen. Ein Rentenwert entspricht 33,47 EURO. Ihr Rentenartfaktor liegt bei 1,0.

Für ihre 27 Entgeltpunkte würde sie eine Rente von  903,69 EURO erhalten. Davon müssen nun noch die 14,4 Prozent abgezogen werden. Damit landet sie letztendlich bei einem Wert von 890,68 EURO Brutto, wenn sie mit 63 die gesetzliche Rente erhält. Die Gesamtsumme beläuft sich im Jahr auf 10.688,16 EURO Brutto.

Ab 2040 gibt es keinen Rentenfreibetrag mehr und die Rente ist damit voll steuerpflichtig. In Lauras Fall würden jedoch keine Steuern für Kranken- und Pflegeversicherung anfallen. Der steuerliche Grundfreibetrag steigt 2022 auf 9.984 EURO.

Aufgrund der Anhebung des Rentenwerts zum Ausgleich der steigenden Inflationsrate kann der tatsächliche Wert der Rente noch etwas höher liegen.

Darüber hinaus könnte Laura mit einer Steuererklärung Rückzahlungen erhalten, wenn sie den Grundfreibetrag doch überschreiten sollte. Nichtsdestotrotz ein ernüchterndes Ergebnis. 

 ein ernüchterndes Ergebnis

Für Lauras Rentenlücke, betrachten wir die Differenz zwischen ihrem regulären Einkommen von 2.000 EURO und ihrer zu erwartenden Rente von 890 EURO. Demnach ergibt sich daraus eine Lücke von 1.110 EURO.

Natürlich kann Laura zwischenzeitlich noch eine Gehaltserhöhung bekommen, ihren Job verlieren oder in Elternzeit gehen. Diese Faktoren beeinträchtigen die finale Höhe ihrer Rente. 

Rentenlücke berechnen und privat vorsorgen

Natürlich hört Laura nicht ohne Plan auf zu arbeiten. Zuvor möchte sie privat vorsorgen, um sich diesen Lebensstil leisten zu können. 

Dazu trifft sie folgende Annahmen:

  • Laura muss einen Zeitraum von 13 Jahren bis zur gesetzlichen Rente überbrücken
  • um ihren Lebensstandard zu halten, benötigt sie dazu 2.000 EURO netto monatlich
  • ihr Nettojahreseinkommen muss demnach bei 24.000 EURO liegen
  • ihr bisher angespartes Startkapital beläuft sich auf 30.000 EURO
  • nach dem Eintritt ins Regelrentenalter beläuft sich ihre Rentenlücke auf 1.110 EURO netto
  • aufs Jahr hochgerechnet sind das 13.320 EURO netto
  • sie rechnet mit einem Lebensalter von 87 Jahren

Schauen wir uns nun den ersten Zeitraum etwas näher an:

Ausgehend von einer jährlichen Inflationsrate von 2 Prozent und 26,375 Prozent Steuern auf Kapitalerträge ergibt sich folgende Rechnung:

2.000 EURO * 12 = 24.000 EURO pro Jahr

Durchschnittlich müssen wir von einem Kaufkraftverlust des Geldes von 2 Prozent ausgehen. Diese muss Laura zusätzlich erwirtschaften.

24.000 EURO * 2% = 24.480 EURO im ersten Jahr

Hochgerechnet auf 13 Jahre kommen wir auf einen Betrag von: 383.374 EURO

Auf diesen Betrag fallen die angesprochenen Steuern an. Jedoch fällt eine geringere Besteuerung bei einem Fonds, der mehr als 50 Prozent in Aktien anlegt an. Somit bekommt der Privatanleger 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei. 

 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei

Demnach würden für Laura bei einer Geldanlage auf indexbasierte Aktienfonds (ETFs) nur auf 70 Prozent ihrer Kapitalerträge Steuern entfallen.

Zudem hat jede Person einen Sparer-Pauschbetrag von 801 EURO jährlich. Dieser muss per Freistellungsformular beim jeweiligen Broker eingereicht werden.

24.480 EURO – 801 EURO = 23.679 EURO

23.679 EURO * 70% =  16.575 EURO

16.575 EURO * 26,375% = 4.371 EURO

24.480 EURO – 4.371 EURO =  20.109 EURO

Nach Abzug der Steuern würden Laura nur noch 20.109 EURO bleiben. Insgesamt müsste Laura demnach im ersten Jahr Summe von 29.765 EURO aus Kapitalerträgen erhalten, um damit ihre Kosten decken zu können. Hochgerechnet beläuft sich die Summe dann etwa auf 450.694 EURO.

29.845 EURO – 801 =  29.044 EURO

29.044 EURO * 0,7 = 20.330 EURO

20.330 * 0,26375 = 5.362 EURO

29.845 EURO – 5.362 EURO = 24.481 EURO nach Abzug von Steuern

Diese Rechnung müsste man nun für jedes Jahr durchführen.

Hinzu kommt die Rentenlücke von 1.110 EURO für die kommenden 24 Jahre nach dem Renteneintritt mit 63.

1.110 EURO * 12 = 13.320 EURO

13.320 EURO * 2% = 13.586 EURO im ersten Jahr

Hochgerechnet auf 24 Jahre ergibt sich mit der Inflation ein Betrag von: 374.872 EURO. 

Im ersten Jahr braucht Laura dann eine Summe von 13.586 EURO.

16.480 EURO – 810 EURO = 15.679 EURO

15.679 EURO * 0,7 = 10.975 EURO

10.975 EURO * 0,26375 = 2.894 EURO

16.480 EURO – 2.894 EURO =  13.586 EURO nach Abzug von Steuern

Wollen wir nun Lauras gesamte Rentenlücke berechnen, müssen wir diese Vorgehensweise für jedes Jahr durchführen. Grob ergibt sich daraus eine Summe von 440.699 EURO. 

Damit Laura sich den Traum von einem “Ruhestand” beziehungsweise der finanziellen Freiheit ab 50 erfüllen kann, benötigt sie knapp 891.000 EURO. Steuern und Inflation nach derzeitigem Stand sind bereits inkludiert.

Nun möchte Laura natürlich wissen, wie viel sie dafür in den kommenden 15 Jahren ansparen muss. Eine Hilfe dafür kann der Rentenrechner sein.

Legt Laura ihren monatlichen Sparbetrag in einen MSCI World und einen MSCI Emerging Markets ETF an, kann sie im Idealfall (der natürlich so nicht eintreten muss) mit 8 Prozent Rendite rechnen. Und wir erinnern uns, dass Laura bereits ein Startkapital von 30.000 EURO angespart hat.

Geben wir diese Daten nun in den Zinsrechner ein, muss Laura in den kommenden 15 Jahren monatlich eine Sparrate von 2.341,07 EURO in ETFs investieren, um bei einer Rendite von 8 Prozent auf ein Endkapital von 891.000 EURO zu kommen.

Mit dieser Summe könnte Laura jeden Monat durchschnittlich 2.183 EURO entnehmen bis das gesamte Vermögen aufgebraucht ist. Davon abzuziehen sind noch die Steuern. Was sich positiv auf die Entwicklung ihres Vermögens auswirken kann, sind die in den 34 Jahren ihrer selbstgewählten Rente, anfallenden Renditen. Diese habe ich hier bewusst rausgelassen, da vor allem bei der Entnahme starke Schwankungen in den Kursentwicklungen bestehen können, die sich aber nicht mehr ausgleichen lassen. Eine Entnahme ist zu einem bestimmten Zeitpunkt notwendig, um die laufenden Kosten zu decken.

Zugegeben eine knackige Sparrate, allerdings hat Laura auch ein ambitioniertes Ziel. Darüber hinaus wäre es möglich über die Lebenshaltungskosten von 2.000 EURO monatlich nachzudenken. 

 

Jeder sollte seine Rentenlücke berechnen. Hast du es bereits getan? Wie sorgst du fürs Alter vor? Planst du einen vorzeitigen “Ruhestand”? Schreib es uns gern in die Kommentare!


Über die Autorin:

Hallo! Mein Name ist Jessi, ich bin 31 Jahre alt und lebe zusammen mit meinem Mann und meinem kleinen Sohn in Berlin. In den letzten 15 Jahren habe ich so ziemlich jeden Euro, den ich zusammenkratzen konnte, für Bekleidung oder anderen Schnickschnack ausgegeben.

Bis ich eines Tages auf die Themen Börse, Aktien und ETFs gestoßen bin. So schaffte ich es, nicht nur ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen, sondern gleichzeitig noch mein Geld für mich arbeiten zu lassen. Alles zu meiner persönlichen Weiterentwicklung und, wie du das auch schaffen kannst, findest du unter themoneygirl.de

 

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