Die 8 größten Börsenfehler, die dich langfristig mehr Geld kosten als Wirecard

6, Setzen! Fehler in der Schule wurden mit hohen Zahlen bestraft – an der Börse sind sie noch höher: hunderte, tausende oder gar Millionen könntest du verbrennen wie Kerzen zum Advent. Doch jetzt kommt die Nachhilfe: Die 8 größten Börsenfehler und wie du sie endgültig vermeidest.

Die 8 größten Börsenfehler – die fast jeder einmal gemacht hat

1. FOMO: Kaufen, weil alle kaufen

Pinterest 281,6 Prozent, Trade Desk 256,4 Prozent und Crowdstrike 252,9 Prozent – und das alles in diesem Jahr!

Bitter, wenn man nicht dabei war. Und ich kann es bitter sagen: Ich war nicht dabei.

Deshalb krabbelt es in den Fingern, du willst noch zuschlagen, auf den ICE aufspringen; schließlich könnten diese Aktien noch einmal 100 Prozent steigen.

Die berühmte FOMO an der Börse hat dich gestochen – Fear Of Missing Out, die Angst, nicht dabei zu sein.

Sie schlägt immer zu, wenn andere Aktien ungebremst nach oben klettern, während die eigenen am Boden schleifen wie ein angeschoßenes Wildschwein.

Dann übernehmen die Emotionen – Gier, Angst, Ungeduld – und kannst du sie nicht unterdrücken, sagst du dir irgendwann: Egal, ich mache das jetzt!

Das Ergebnis ist oft das Gleiche: Du steigst zum ungünstigsten Zeitpunkt ein, die Kurse stürzen und dein Kapital landet im Sinkflug bei der Hälfte, ein Drittel, ein Viertel… Vielleicht noch tiefer.

Wie umgehst du diesen Börsenfehler? – Vier Methoden:

  1. Strategie und Plan: Verfolge an der Börse eine klare Strategie und habe immer einen Plan, warum du investierst. Ich schreibe mir immer auf, warum ich in eine Aktie investiere, was gegen meine These spricht und wann ich die Aktie verkaufen würde. Das ist wie eine Einkaufsliste, die Impulsiv-Käufe aushebelt.
  2. Freue dich über den Gewinn der anderen: Mitfreude ist befriedigender als Neid. Das braucht Übung, verwandelt dich aber in einen glücklicheren Menschen.
  3. Die nächste Aktie kommt bestimmt: „Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit.“ – wie Börsenlegende André Kostolany sagt.
  4. Schalte die Nachrichten aus: Sitze nicht am Handy und schaue den Kursen der Aktien hinterher, die du nicht erwischt hast. Suche lieber Aktien, die genauso steigen könnten.

2. Du willst an der Börse schnell reich werden

Reiche Frau mit Einkaufstüten in der Hand kommt vom Shopping
Quelle: Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Die Börse kann dich auf vier Arten in Dagobert Duck verwandeln:

  1. Du hast viel Zeit: 15.000 € in einen MSCI World ETF gesteckt und jeden Monat 200 € eingezahlt, macht nach 40 Jahren auch fast 750.000 €.
  2. Du hast ein hohes Kapital: 30 Prozent von 1 Million sind 300.000 € – und Aktien, die 30 Prozent steigen, gibt es wie Bernsteine an der Ostsee.
  3. Du hast einen hohen Hebel: Ein Hebel ist Fremdkapital; du zahlst beispielsweise nur 5000 €, handelst aber mit 50.000 € – die Chancen sind hoch, die Risiken ungeheuer. Denn du kannst schnell dein ganzes Geld verlieren.
  4. Du hast unverschämtes Glück: Du hast Anfang März dein ganzes Geld in Tesla gesteckt – herzlichen Glückwunsch: Jetzt bist du reich.

Natürlich kannst du an der Börse schnell reich werden, aber dafür musst du ein gewaltiges Risiko schultern (Hebel) und brauchst unverschämtes Glück (Der Plan muss aufgehen).

Das zerfetzt die Nerven, denn wenn du scheiterst, kannst du bis in die Privat-Insolvenz rutschen – dann heißt es nicht mehr Börse, sondern Schulden abbauen.

Doch auch wenn es klappt, sind die Konsequenzen fatal: Dann packt dich Gier, vielleicht etwas Größenwahn – ich habe doch gesagt, ich packe das – und du riskierst mehr und mehr:

Zocken, zocken, zocken, bis irgendwann Game Over auf dem Konto steht.

Vermeide deshalb diesen Börsenfehler und lasse dir Zeit: Natürlich sollst du kalkuliertes Risiko eingehen, anders machst du an der Börse kein Gewinn; dennoch hat dieses Risiko eine einfache Formel:

„Kopf, ich gewinne; Zahl, ich verliere nicht viel.“ – Mohnish Pabrai, „Der Dhando Investor“.

Nicht: Kopf, ich gewinne; Zahl, ich verliere alles!

3. Du vertraust blind Empfehlungen

„Unglaubliches Wachstum! Diese 7 Aktien stehen in den Startlöchern, 2021 abzuheben.“

„Tesla verpasst? Gegen diese Aktie wirkt der Autobauer wie ein Bauernhof aus der Uckermark.“

Finanzportale platzen von solchen Nachrichten: Börsenbriefe, Empfehlungen, Expertenmeinungen, Analysen, Geheimtipps, Grabgesänge…

Alles schön und gut! – Du kannst dir diese Tipps gerne ansehen, vielleicht ist brauchbares dabei, aber sie sind kein Kriterium einer gesunden Anlage.

ALLEIN DU analysiert deine Aktien; schließlich ist es dein Geld, nicht das Geld des Experten; er verdient höchstens daran, seine Tipps auf den Finanz-Strich zu schicken.

Wenn du jedoch zu faul bist, diesen Börsenfehler zu vermeiden, dann gebe dich zufrieden, in ETFs zu investieren – der Weg zur richtigen Aktie ist länger als von Sofa bis Kühlschrank.

4. Du legst alle Einer in einen Korb – oder alle Eier in zu viele Körbe

Eier in einem Korb als Sinnbild dafür, nicht alle Eier in einem Korb zu packen
Quelle:Foto von Rodolfo Clix von Pexels

„Wenn du einen Harem von 40 Frauen hast, lernst du nie eine richtig kennen.“ – Warren Buffet

Die richtige Diversifikation ist ein schmaler Grat: Zu viele Aktien versalzen dir die Rendite, zu wenige pfeffern unnötig das Risiko.

Es ist selbstverständlich ein unverzeihlicher Börsenfehler, nur eine Aktie zu halten – manch Aktionär von Wirecard kann das bestätigen –, hältst du jedoch zu viele, kannst du auch einen ETF kaufen:

Die Ergebnisse unterscheiden sich kaum.

Denn in einem Portfolio mit 40 Aktien, ungefähr in gleicher Gewichtung, macht es kaum einen Unterschied, ob sich eine verdoppelt – dein Depot bewegt sich wie eine Schildkröte im Galopp.

Was ist also die richtige Diversifikation?

Drei Gedanken:

  1. Du kaufst nur deine besten Ideen: Viele laden Aktien in ihrem Depot ab, die „nice to have“ sind. Du kaufst Apple, weil alle Apple haben, das Unternehmen noch wächst und das Netzwerk klebriger ist als ein Kaugummi an der Schuhsohle. Trotzdem ist es keine beste Idee: einen 10, 20, 30 Bagger machst du wahrscheinlich nicht mehr.
  2. Du musst jede Aktie verfolgen, die du kaufst: Jahresberichte, Nachrichten, Quartalszahlen – du bist Miteigentümer, vergiss das nicht! Niemand kann sich um 40 Kinder kümmern und jedes gleichzeitig trösten, wenn es hinfällt.
  3. Deine Strategie bestimmt deine Diversifikation: Eine Growth-Strategie fordert wenig Aktien. Wie gesagt: Du suchst deine besten Ideen. Eine Dividendenstrategie hingegen verlangt viele Aktien; denn du willst Ausschüttungen und die sollen sich auf viele Töpfe verteilen – zur Sicherheit.

Eine gute Diversifikation – meiner Meinung nach!!!! – sind 5 bis 20 Aktien.

Weniger ist manchmal wirklich mehr oder wie der berühmte Ökonom Keynes es sagte:

„Bitte entschuldigen Sie, dass ich zu hoch auf Elder Dempster gewettet habe. Ich litt unter dem chronischen Wahn, dass eine gute Aktie besser ist als 10 schlechte.“

5. Der Kurs ist niedrig – da musst du kaufen!

„Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent“ – Warren Buffet

Dieser Buffet-Satz schwirrt in den meisten im Hirn, wenn sie niedrige Kurse sehen: „Wahnsinn! 40 Prozent gefallen! Das muss ein Schnäppchen sein.“

Dann werfen sie so viele Aktien wie möglich in den Einkaufskorb und verlassen pfeifend den Aktienmarkt – stolz wie ein Teenager mit dem ersten Barthaar.

Das hat jedoch Warren Buffet NICHT gemeint, wenn du einen Dollar für 50 Cent kaufen sollst!

Der Kurs allein sagt nichts über den Wert – er ist nur ein Preisschild.

Wert findest du in der sicheren Bilanz, im Wachstum, in den Assets, im Cashflow, in der Marke oder in einer sicheren Dividende, jedoch nicht im Preis.

Erst, wenn Wert vorhanden ist, schaust du auf den Preis: Bekomme ich Wert billig? Ist der Preis niedriger als der Wert der Aktie?

Nickst du hier, kaufe sie.

Beispielsweise hättest du im Corona-März auf große Shopping-Tour gehen können – Qualität war im Sonderangebot.

Ein krasses Gegenbeispiel dagegen ist Wirecard: Von 100 € auf 10? Ein Hammer-Preis! Schnell rein, bevor ich den Aufwärtstrend verpasse.

Ein schlimmer Börsenfehler – oder: Du kaufst einen Dollar für hundert.

6. Du versuchst den PERFEKTEN Aus- und Einstiegszeitpunkt zu timen

Mann liest Zeitung und schaut dabei auf seine Uhr
Quelle: Foto von Ari Alqadri von Pexels

Der ist ein Lügner, der sagt, er wisse immer den perfekt Aus- und Einstiegszeitpunkt: Er kaufe zum billigsten Preis und verkaufe zum teuersten.

Niemand kann das! Also vergieße keine Kullertränen, wenn dir 20, 50 oder 100 Prozent entwischen. Das ist Mangeldenken.

Außerde könnte es dich schlimmer treffen wie Leute, die ewig an der Seitenlinie stehen – nein, nein, ich warte, der Kurs sinkt bestimmt noch – oder zu spät verkaufen:

Nur ein Rücksetzer! Die Kurse erholen sich in ein paar Tagen wieder. Ich bleibe stramm dabei.

Wie kannst du also beides vermeiden?

  • Time Bewertungen, nicht Zeitpunkte: Viele Aktien bewegen sich in Ranges einer bestimmten Bewertung. Beispielsweise wabbert Coca Colas KGV meistens zwischen 20 und 30. Ein guter Einstiegszeitpunkt wäre, wenn er unter 20 liegt – Ausstiegszeit, sobald über 30. Schaue also auf Bewertungen im historischen Verlauf!
  • Kaufe und Verkaufe in Etappen: Warum alles auf einmal setzen, in der Hoffnung, den perfekten Zeitpunkt in flagranti zu ertappen? Der Kurs ist niedrig, dann setze die Hälfte deines Geldes; eine Woche später wieder etwas und eine Woche später den Rest. So besiegst du den Börsenfehler, immer perfekt kaufen zu müssen.

7. Du verkaufst, weil die Aktie zu schnell steigt

„Mann, Mann, Mann, geht das hoch! Das stößt sich irgendwann den Kopf. Lieber schnell raus, bevor ich mir eine Beule hole.“ – Unbekannt

Eine rasant steigende Aktie ist Chili-Soße im Gefühls-Cocktail: Einerseits freust du dich, andererseits willst du deinen Gewinn bewahren – könnte ja wieder fallen.

Trotzdem ist es ein Börsenfehler, zu schnell zu verkaufen.

Achte lieber auf Folgendes:

  • Stimmt die Story noch? Du hast eine Aktie aus einem bestimmten Grund gekauft, vielleicht, weil der Gewinn rasant wächst. Warum also die Aktie verkaufen, wenn der Gewinn weiter wächst und der Kurs gleich mit? Verkaufe erst, wenn das Wachstum abnimmt. Das heißt: Die Story ist zu Ende – du kannst das Märchenbuch zuschlagen.
  • Achte auf die Bewertung: Ein steigender Kurs muss an der Bewertung nichts ändern, solange die Fundamentaldaten mitziehen. Steigt der Kurs um 50 Prozent, der Umsatz aber auch, bleibt das KUV gleich. Erst wenn die Fundamentaldaten den Kurs nicht mehr rechtfertigen, solltest du aussteigen.

Oder höre auf den Tipp von oben: Verkaufe in Etappen – das lässt die Luft aus der Sorge.

8. Du liegst richtig oder falsch, weil der Kurs steigt oder fällt

Erinnerst du dich an Eastman Kodak?

Den alten Hersteller von Filmen für Fotoapparate.

Ziemlich überflüssig in der heutigen Zeit.

Das wissen auch die Aktionäre, weswegen Kodak nur eine Marktkapitalisierung (Kurs x Anzahl Aktien) von 95 Millionen hatte:

Doch was geschah im Juli 2020?

Innerhalb von drei Tagen stieg der Kurs von 2 € auf 38 € – 1800 PROZENT!!!!

Können alte Fotofilme plötzlich Krebs heilen? Kann man aus ihnen Öl herstellen? Oder hat Kodak eine Zeitmaschine erfunden, ist in der Zeit zurückgereist und hat die Erfindung von Digitalkameras verhindert?

Nichts dergleichen!

Kodak hatte sich entschieden, plötzlich Inhaltsstoffe für Medikamente herzustellen, die gegen Covid helfen könnten.

Doch das war nicht der Auslöser – Auslöser war: Die Regierung wollte der Firma dafür einen Kredit geben von $765 Millionen.

Doch dann Puff – der Kurs fiel zurück auf 5 €.

Warum? Der Kredit stand auf dünnerem Eis als Mammut Manni in Ice Age 2.

Nun schaukelt der Preis zwischen 5 und 10 €; je nachdem, welche Stimmung gerade herrscht.

Hat das irgendetwas an dem Wert von Kodak verändert?

Nein!

Denn es ist nicht einmal sicher, ob Kodak wirklich gegen Corona helfen kann.

Es waren nur zwei Backen, die Luft einsogen und wieder auspusteten.

Hättest du also recht gehabt mit Kodak – in der Hoffnung auf eine Wiedergeburt –, wenn du Anfang 2020 gekauft hättest?

NEIN: Am Wert hat sich nichts geändert.

Es gibt bis jetzt keine neuen Produkte, keine neuen Abnehmer, keine Verbesserungen.

Deshalb ist es ein Börsenfehler zu glauben, richtigzuliegen, nur weil der Preis steigt – oder falsch zu liegen, wenn er fällt.

Bleibe bei deiner Investment-These, auch wenn der Kurs mehr Sprünge macht als ein heruntergefallener Flummi.

P.S: Auch wenn du aller Fehler schuldig bist, hast du trotzdem den schlimmsten vermieden: NICHTSTUN. Darauf kannst du stolz sein.

Was ist deiner Meinung nach der schlimmste Börsenfehler? Schreibe es in die Kommentare 🙂


Junger Mann schaut in die Kamera, während er am Laptop sitzt

Über den Autor:

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin Prock. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

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