Dezentrale Exchange (DEX) erklärt – Kryptowährungen handeln ohne Binance und Co.

533 Millionen Dollar waren weg. Verschwunden. Unwiederbringlich. 2018 hatten Hacker die Börse Coincheck geplündert, 533 Millionen in NEM Token eingesackt und waren abgetaucht wie Herbert Grönemeyer in „Das Boot“.

Mittlerweile haben die Japaner einige Schuldige gefasst – darunter Doktoren und Manager –, doch der Großteil des Geldes bleibt verloren. Vielleicht für immer…

Wenn so etwas passiert … Welcher Börse kannst du noch vertauen? Wie dein Geld schützen?

Vielleicht musst du das gar nicht!

Dezentrale Exchanges (DEX) schmeißen den Mittelsmann raus und ermöglichen Vertrauens-loses Handeln.

Wie so eine dezentrale Exchange funktioniert, erfährst du jetzt:

Was ist eine dezentrale Exchange, mhhh?

Wie bringt eine normale Börse Käufer und Verkäufer zusammen wie Tinder paarungswillige Teenies?

Das läuft mit einem zentralen Orderbuch:

Orderbuch der CEX Coinbase Pro als Gegenstück zu einer dezentralen Exchange
Die linke Spalte ist das Orderbuch von Coinbase Pro

Börsen fassen zentral Angebot und Nachfrage ihrer Kunden zusammen und versuchen die meisten Käufer und Verkäufer zu matchen – das heißt: Jeder willige Käufer soll einen willigen Verkäufer finden (Matching).

Passen die Gebote zusammen, führt die zentrale Exchange (CEX) den Handel aus und beide Parteien sind zufrieden (Settlement).

Unkompliziert und aalglatt.

Nachteil dabei: Die Börse hat deine Private Keys (Zugang zu deinen Coins).

Du musst ihr folglich vertrauen, dass sie (a) dein Geld nicht einheimst und (b) gefälligst gegen Hacker geschützt ist.

Dass das nicht immer unkompliziert und aalglatt funktioniert, hat die Einleitung oder Mt. Gox gezeigt.

Was macht nun eine dezentrale Exchange besser?

Sie ist ein Markplatz, der Peer to Peer läuft – also von Nutzer zu Nutzer.

Du meldest dich nicht bei einer Börse an, durchläufst nicht stöhnend und jammernd den KYC-Prozess und überweist nicht Geld auf die Börse…

…nein: Jederzeit behältst du deine Private Keys und handelst direkt aus deiner Wallet mit anderen Nutzern (das nennt sich Swap).

Das gelingt beispielsweise über Smart Contracts – sogenannte intelligente Verträge:

Sie arbeiten wie Wenn-Dann-Funktionen: Zahlst du mir 1 Ether, bekommst du von mir 2257 USDC.

Die Transaktionen werden daraufhin auf der Blockchain gespeichert, durch die Miner abgesegnet und sind damit sicher.

Super! Warum brauchen wir dann noch zentralisierte Börsen?

Weg mit den Müll!

So einfach ist es nicht – denn es ist nicht alles Bernstein, was du an der Ostsee findet.

Manchmal ist es Phosphor, der in deiner Hosentasche Feuer fängt und dein Bein verkohlt wie ein miserabler Kannibalen-Koch.

Kurz: Dezentrale Exchanges haben auch Nachteile:

Battle Royale: CEX oder DEX – was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

Eine CEX oder eine DEX – was ist nun besser?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden!

Denn beide Sorten von Krypto-Börsen haben ihren Charme wie ein verführerisches Zwinkern:

Merkmal Zentrale Börse (CEX) Dezentrale Börse (DEX)
Private Key: Hat die Börse, wenn sie custodial ist. Ist sie non-custodial (wie Bitwala), hast du deine Keys. Du hast die Kontrolle
Anonymität: Nein: Befolgt die Regulierungen von KYC (Know your Customer) und AML (Anti Money Laundering) Ja, alles anonym.
Geoblocking (einzelne Länder auf der Plattform nicht zugelassen): Ja Nein
Support: Ja, jederzeit kannst du jemanden anrufen, anschreiben oder per Rauchzeichen dein Problem kommunizieren. Nein, du bist allein auf dich gestellt. Zwar gibt es eine hilfsbereite Community, dennoch ist dein Geld vielleicht verloren, wenn du einen Fehler machst.
Mehrere Orderarten: Ja, du kannst mit Limit handeln, ebenso mit Stopp Loss, Take Profit… Nein, nur die Market Order kannst du nutzen.
Hilfsmittel: Ja, du hast Charttools für Trader, Analysen und weiteren technischen Schnickschnack. Nein, du hast keine Hilfsmittel.
Anzahl an Kryptowährungen: Gering; jede wird geprüft, bevor sie gelistet wird. Hoch; fast jede Kryptowährung kann gehandelt werden – seien es ICOs, Community Tokens Meme Coins wie Shiba Inu.
Handel über Blockchains hinweg: Ja, du kannst z.B. Bitcoin gegen Ether tauschen. Nein, du kannst nur Token der gleichen Blockchain tauschen. Beispielsweise auf Ethereum nur ERC 20 Token.
Bedienung: Einfach und anfängerfreundlich Komplizierter, du musst dich erst hineinfuchsen.
Gebühren: Niedrig bis hoch Niedrig, dafür hohe Transaktionsgebühren auf Ethereum.
Preisfindung: Gute und aktuelle Preise Preise etwas schlechter
Geld einzahlen: Oft mit Fiat möglich Nur mit Kryptowährungen

Du siehst: Es gib kein Schwarz-Weiß – nur Grautöne.

Zwar verwahrt die zentrale Exchange deine Private Keys (weniger gut); dafür hast du nicht die Verantwortung, es gibt meist eine Versicherung und du kannst jederzeit den Kundensupport aus der Mittagspause klingeln.

Ebenso vertreibt eine normale Börse weniger Währungen; dafür schützt sie dich vor Scams.

Wie gesagt: Grautöne – nicht Schwarz und Weiß.

Deshalb sind CEX’s gerade für Anfänger attraktiv; die leichte Bedienung erleichtert den Einstieg und lässt schnell die ersten bitcoins in der Wallet klimpern.

Auf einer dezentralen Exchange hingegen bist du bei Problemen auf verlorenem Posten:

Funktioniert etwas nicht, funktioniert etwas nicht. Punkt.

Deshalb sind dezentrale Börsen für Fortgeschrittene und Profis, die wissen, was sie tun.

Was sind nun bekannte dezentrale Börsen?

Folgende:

  • Uniswap: Ist die größte DEX und läuft auf Ethereum. Sie hat ein tägliches Volumen von über einer Milliarde Dollar und ist leicht zu bedienen.
  • SushiSwap: Ein UniSwap Klon.
  • PancakeSwap: Die führende DEX auf der Binance Smart Chain
  • Curve: Eine DEX für Stablcecoins.

Eine Liste mit allen dezentralen Exchanges habe ich dir hier auf CoinMarketCap verlinkt.

Dezentrale Börsen sind ein unerlässlicher Bestandteil von Decentralized Finance (Defi); sie entwickeln sich weiter und werden immer leichter zu bedienen.

Vielleicht werden sie in ein paar Jahren zentralisierte Börsen weitestgehend abgelöst haben.

Dennoch bleibt eine Frage:

Wenn kein Mittelsmann die Orders zusammenfasst, wie gelangt überhaupt eine Kryptowährung oder ein Token auf die Börse?

Wer hält sie flüssig und stellt Liquidität bereit?

Warum ist eine dezentrale Exchange flüssiger als ein Lottogewinner?

Das Interface der dezentralen Exchange UniSwap
Menü von Uniswap

Reis liebt es feucht – sehr feucht.

Bis zwei Wochen vor der Ernte sind Reisefelder überflutet, nass und überschwemmt, als hätte der Bauer alle Gießkannen der Welt darüber ausgeschüttet.

Das Feld wirkt wie eine Stadt, über die ein Hurrikan gefegt ist.

Dann endlich: die Ernte!

Die Bauern lassen das Wasser von den Terrassen und pflücken die Reiskörner – alles per Hand.

Nicht weniger überflutet wie die Reis-Terrassen sind dezentrale Exchanges – nur bevorzugen sie eine andere Flüssigkeit: Die Assets einzelner Nutzer.

Die Nutzer bieten ihr Krypto-Guthaben zum Trading an und stellen damit Liquidität bereit:

Denn, wenn du Coins tauschst – z.B. 1 ETH gegen 2000 USDC –, sind nicht exakt 1 Ether und 2000 USDC im Smart Contract…

…vielmehr gibt es einen ganzen Pool, aus dem du schöpfst – sagen wir 100 Ether und 200.000 USDC.

Aus diesem Pool bekommst du deine gewünschte Währung, indem du etwas hineingibst und etwas hinausnimmst.

Sofort jedoch schwankt ein Ungleichgewicht; jetzt haben wir beispielsweise 80 ETH und 240.000 USDC.

Deshalb stürzen sich Arbitrageure (Ausnutzer von Preisunterschieden = „Ausgleicher“) auf den Pool wie Geier auf einen Kadaver:

Sie geben Ether hinzu und bekommen mehr USDC wieder heraus; so steht der Pool wieder im Gleichgewicht wie eine austarierte Wasserwaage.

Doch wer lässt das Wasser in den Pool? Wer versorgt die DEX mit Liquidität?

Einzelne Nutzer, die ihre Coins nicht brauchen.

Das nennt sich Liquidity Mining.

Heften wir das mit einer Reiszwecke an einem Beispiel fest:

Tom sitzt auf 1 Ether und 2000 USDC, die er ein Jahr nicht braucht.

Dennoch möchte er sie nicht in seiner Wallet verrotten lassen, sondern stellt sie an, und zwar auf einer DEX.

Dafür gibt er sein Handelspaar in den Liquiditätspool.

Wichtig: Der Pool muss immer ausgeglichen sein, weshalb nur Handelspaare erlaubt sind.

Sonst verschiebt sich der Preis – was keiner möchte:

Ein Ether ist gerade 2000 USDC wert; sind aber nur 100 USDC im Pool, bekommst du für deinen Ether nur 100 USDC – Pech gehabt!

Deshalb müssen die Handelspaare immer ausgeglichen sein; und dass macht Tom, indem er 1 ETH und 2000 USDC hinzugibt.

Natürlich ist er kein selbstloser Samariter, er bekommt auch eine Rendite, wenn er Liquidität bereitstellt.

Und zwar Anteile an den Transaktionsgebühren:

Stellt er 5 Prozent des Liquiditätspools, bekommt er 5 Prozent der Transaktionsgebühren.

Super! Genial! Das will ich auch machen!

Natürlich ist das nicht ohne Risiko.

(Ich wusste, es gibt einen Haken!).

Na, na, so schlimm ist es nicht; das kann dich erwarten:

  • Risiko des Projektes: Die Börse ist falsch und schluckt dein Geld wie ein Alkoholiker Goldkrone. Bei großen dezentralen Exchanges beinahe ausgeschlossen.
  • Hack: Es gibt einen Fehler im Code des Smart Contracts, wodurch deine Coins verloren gehen.
  • Impermanent Loss: Erkläre ich jetzt:

Impermanent Loss bedeutet unbeständiger Verlust – dein Prozentwert am Pool bleibt gleich (Tom bekommt weiterhin 5 Prozent), nur haben sich die Verhältnisse im Pool verschoben.

Je nachdem, ob ein Coin übermäßig steigt oder fällt.

So könntest du weniger Rendite machen, als wenn du deine Coins nur gehodlt hättest.

Hier in diesem Video hat es Julian Hosp leicht verständlich erklärt:

Falls du deinen Impermanent Loss ausrechnen möchtest, habe ich dir hier einen Rechner verlinkt.

Fazit: Was ist eine dezentrale Exchange?

Anders als Coinbase, Kraken oder Binance kennen dezentrale Exchanges keinen zentralisierten Mittelsmann.

Keine zentrale Stelle führt das Orderbuch, noch bringt sie Käufer und Verkäufer zusammen, noch stellt sie Liquidität bereit.

Dafür läuft der Handel über Smart Contracts und Liquiditätspools – Nutzer lassen Liquidität in den Pool und werden dafür belohnt.

Was ist nun besser?

Ansichtssache: Beide Börsen haben Vor- und Nachteile.

Zentrale Börsen machen den Handel einfach und bequem; dezentralisierte Exchanges glänzen dafür mit Sicherheit und Anonymität und sind unerlässlich für das dezentrale Finanzsystem.

Was für dich wichtiger ist, musst du entscheiden.


Junger Mann schaut in die Kamera, während er am Laptop sitzt

Über den Autor:

Finanz-Enthusiast, Self-Improvement-Sensei und  notorischer Wort-Jongleur – diese drei Engel für Charlie bin ich: Robin Prock. Meine Texte entzaubern die Finanzwelt, um sie Dir zerlegt auf dem Silbertablett zu präsentieren. Für Deine finanzielle Bildung und ein selbstbestimmteres Leben.

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